Landesparteitag: FDP fordert Wirtschaftswende
Mit einem Dringlichkeitsantrag zur Wirtschaftswende hat sich die bayerische FDP auf ihrem Landesparteitag hinter die Reformagenda von Christian Lindner gestellt. In die anstehende Bundestagswahl ziehen die Liberalen mit einem klaren Gestaltungsanspruch.
Am vergangenen Wochenende fand der 86. Ordentliche Landesparteitag der FDP Bayern in Amberg statt. Es war der erste liberale Parteitag nach dem vorzeitigen Regierungs-Aus. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner bekanntlich entlassen. Der Grund: Lindner war nicht bereit, die Schuldenbremse des Grundgesetzes auszusetzen und damit seinen Amtseid zu verletzen. Es folgte der Koalitionsbruch.
Lieber neue Wahlen als neue Schulden
Folglich dominierten die sich überschlagenden Ereignisse in Berlin die zweitägige Veranstaltung. So auch die Eröffnungsrede von Bayerns FDP-Chef Martin Hagen. „Christian Lindner hat ein mutiges und fundiertes Reformkonzept zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland vorgelegt. Doch Olaf Scholz war zu diesen strukturellen Reformen nicht bereit“, monierte er. Dennoch zeigte sich der Landeschef darüber „erleichtert“, dass die FDP ihre Überzeugungen über Regierungsposten gestellt hatte. „Christian Lindner hat sich nicht erpressen lassen. Für uns Liberale ist klar: Deutschland braucht eine mutige Zukunftsagenda und kein ‚Weiter so‘ auf Pump. Deshalb sagen wir: Lieber neue Wahlen als neue Schulden.“
In diesem Zusammenhang warf Hagen dem noch amtierenden Kanzler „politische Insolvenzverschleppung“ vor, stellte Scholz doch zu diesem Zeitpunkt die Vertrauensfrage erst zu Beginn des neuen Jahres in Aussicht. Eine Neuwahl des Bundestags wäre in diesem Fall erst im März 2025 möglich gewesen. „Eine Koalition aufkündigen und dann am Sessel kleben bleiben, das geht nicht“, kritisierte der FDP-Politiker, schließlich brauche das Land angesichts der innen- und außenpolitischen Krisen dringend eine handlungsfähige und handlungsbereite Regierung. „So eine Hängepartie kann sich unser Land nicht leisten.“
Ampel wird sich so nicht wiederholen
Mit Spannung erwartet wurde auch die Rede der bayerischen Co-Landesvorsitzenden Katja Hessel. Als Finanzstaatssekretärin unter Christian Lindner war sie direkt in die Geschehnisse, die letztlich zum Ende der Ampel führten, involviert. Nach dem Bruch der Koalition wurde sie gemeinsam mit ihrem Bundesminister als Parlamentarische Staatssekretärin entlassen.
„Die Ampel ist nun Geschichte. Und sie wird sich so sicherlich nicht wiederholen“, begann Hessel ihre Parteitagsrede, was mit viel Applaus von den rund 400 Delegierten quittiert wurde. Dabei verhehlte die Nürnberger Bundestagsabgeordnete nicht, dass es trotz schwieriger Regierungskonstellation dennoch gelungen sei, liberale Pflöcke einzuschlagen: „Wir haben dafür gesorgt, dass keine Steuern erhöht wurden. Wir haben dafür gesorgt, dass die Schuldenbremse gilt. Gegen massiven, gegen erheblichen Widerstand von SPD und Grünen, die bei beiden Themen gerne aus dem Vollen schöpfen und das Geld mit vollen Händen ausgeben wollen.“
Hessel: Wussten, dass es so nicht weitergehen konnte.
„Wir waren oft der Riegel, der sich vor die öko-sozialistischen Umbaupläne geschoben hat“, verwies die FDP-Politikerin auf die Bedeutung ihrer Partei als Korrektiv bei vielen rot-grünen Gesetzesvorhaben. Robert Habecks ursprünglicher „Heizungshammer“, wie Hessel ihn nennt, konnte so etwa maßgeblich entschärft werden. Mit Fortdauer der Regierungstätigkeit offenbarten sich jedoch mehr und mehr die unterschiedlichen Zugänge der drei Koalitionspartner, vor allem in finanz- und wirtschaftspolitischen Fragen. „Wir wussten, dass es so nicht weitergehen konnte“, sagte die ehemalige Staatssekretärin in ihrer Rede – „wir haben uns an die Arbeit gemacht, diese Ampel zu einer Richtungsentscheidung zu zwingen“. Schließlich machte die wirtschaftliche Lage in Deutschland eine „sofortige und deutliche Kurskorrektur“ unabdingbar.
Dass Kanzler Scholz nicht willens war, die Notwendigkeit einer Wirtschaftswende zu erkennen und stattdessen einen Koalitionsbruch provozierte, macht Hessel nicht wehmütig. Im Gegenteil: „Wir Liberale, wir stehen nicht für den bequemen Weg. Wir stehen für den vernünftigen Weg.“ Das Land brauche nun einen Neustart. „Wir müssen jetzt die richtigen Impulse setzen, um eine neue wirtschaftliche Dynamik in Deutschland zu entfalten.“ Statt neuer Subventionsprogramme brauche es nun klare marktwirtschaftliche Reformen, von denen die breite Wirtschaft profitiert, vom Solo-Selbständigen über den Mittelstand bis hin zur Industrie.
Als Ziel für die anstehende Bundeswahl gab die Landeschefin ein starkes FDP-Ergebnis mit Regierungsperspektive aus – und warnte zugleich vor einer Rückkehr der Großen Koalition: „Ihr wisst alle, wie Große Koalitionen ablaufen. Die Union setzt reihenweise sozialdemokratische Politik um. Sie erhöht die Steuern. Sie erhöht die Lohnnebenkosten. Sie senkt das Renteneintrittsalter. Sie macht fast alles mit, nur um ja Kanzler oder Kanzlerin zu stellen.“ Die FDP müsse deshalb so stark werden, dass niemand an ihr vorbeikommt. Dieses Ziel könne aber nur dann erreicht werden, wenn die FDP geschlossen in den Wahlkampf zieht. „Wir sind Liberale, keine Bindestrich-Liberalen. Wir kämpfen alle für die liberale Idee. Und diese Idee leuchtet umso heller, je fester wir jetzt zusammenhalten. Lasst uns alle miteinander dieses Feuer entfachen“, schloss Katja Hessel ihre Rede mit einem eindringlichen Appell.
Wirtschaftswende für Deutschland
Das Konzept Wirtschaftswende für Deutschland wurde anschließend als erster Antrag am Parteitag beraten und beschlossen, nachdem ihm die Delegierten die Dringlichkeit beschieden hatten. Der Antrag orientiert sich am vielzitierten und von renommierten Ökonomen gelobten „Lindner-Papier“, mit dem die FDP-Regierungsspitze vergeblich die Wirtschaftspolitik der scheidenden Ampel-Regierung neu justieren wollte: mit mehr Investitionsanreizen, geringerer Steuerlast, weniger Bürokratie und einem Ende des deutschen Sonderwegs beim Klimaschutz. Zudem unterstreicht der Antrag das klare Bekenntnis der Liberalen zur Schuldenbremse und zur – auch militärischen – Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf.
Flankiert wurde der Beschluss für die Wirtschaftswende durch den ebenso angenommenen Leitantrag Fachkräftemangel beseitigen und Potenziale im Inland besser nutzen – wichtigen Beitrag für die Wirtschaftswende umsetzen!, der speziell die Probleme fehlender Erwerbsanreize und bestehender Hürden bei der Arbeitsmarktintegration adressiert. Insgesamt sieben weitere Anträge wurden ausgiebig debattiert und beschlossen, unter anderem zu einer geordneten Migrationspolitik, zur Unterstützung Israels oder auch zur Stärkung der Unabhängigkeit Europas.
Im Zusammenhang mit letzterem standen auch die einzigen Wahlgänge des Amberger Landesparteitags: Christoph Skutella, Dr. Robert Harrison und Marina Schuster wurde als ALDE-Delegierte gewählt und werden den Landesverband beim anstehenden Kongress – dem höchsten Beschlussgremium – vertreten. Die ALDE (Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa) ist eine politische Partei auf europäischer Ebene, die liberale Mitgliedsparteien in ganz Europa umfasst.
Neumitgliederzuwachs und Ideenwettbewerb
In der Abschlussrede zum Parteitag gab Generalsekretär Christoph Skutella bekannt, dass sich das vorzeitige Ende der Ampel und die damit verbundene Richtungsentscheidung im Frühjahr positiv auf die Mitgliederentwicklung ausgewirkt habe. Von den rund 1.000 Parteieintritten komme jeder zehnte aus dem Freistaat. Außerdem vermeldete Skutella den Eingang einer 5.000-Euro-Spende, die dafür zweckgebunden ist, jene Kreisverbände mit den kreativsten Wahlkampf-Ideen zu prämieren. Die Gewinner werden am 21. Dezember im Rahmen der nun vorgezogenen Landesvertreterversammlung verkündet.
„Nach diesem Spirit, den wir an diesem Wochenende am Parteitag erlebt haben, freue ich mich ganz besonders auf einen spannenden Wahlkampf mit Euch“, rief der FDP-General den Delegierten zum Parteitagsende zu – und plädierte für ein scharfes liberales Profil in der kommenden Wahlauseinandersetzung. Man lasse sich weder von der Union, noch von den ehemaligen Koalitionspartnern in irgendwelche Ecken drängen. „Wir werden zeigen, dass eine starke liberale Stimme aus Bayern in Berlin gebraucht wird. Auf geht’s!“
Videos
Beschlüsse
- Wirtschaftswende für Deutschland
- Fachkräftemangel beseitigen und Potenziale im Inland besser nutzen – wichtigen Beitrag für die Wirtschaftswende umsetzen!
- Alle (4) Jahre wieder – europäische Unabhängigkeit von US-Wahlausgängen!
- Deutsche Staatsräson wirkungsvoll verteidigen besonders im deutschen Bundestag
- Die Zukunft der Wasserstoffwirtschaft – Marktwirtschaftliche Chancen und technische Herausforderungen
- Fest an der Seite unserer jüdischen Freunde
- Gleichberechtigung bei der Wehrpflicht
- Kernfusion als Säule der Energiewende anstreben
- Migration begrenzen und Integration ermöglichen
Wahlen
- Delegierte der FDP Bayern zum ALDE-Kongress: Christoph Skutella, Dr. Robert Harrison und Marina Schuster
- Ersatzdelegierte der FDP Bayern zum ALDE-Kongress: Sven Gossel, Phil Hackemann, Uwe Probst
Auszug aus den Medienberichten
- FDP-Landesparteitag: Freude über Koalitionsbruch (Bayerischer Rundfunk, 9. November 2024)
- Protest gegen Rot-Grün: Junge Liberale wollen Scholz-Regierung Stecker ziehen (Mittelbayerische Zeitung, 9. November 2024)
- Hagen: „Scholz betreibt politische Insolvenzverschleppung“ (Bayerischer Rundfunk, 9. November 2024)
- 5000 Euro für die beste Wahlkampfidee (Süddeutsche Zeitung, 10. November 2024)
- Deutschland vor Neuwahlen (ZDF, 12. November 2024)
- FDP Parteitag: Jubel über Ampel-Aus (Oberpfalz TV, 12. November 2024)
- Taktieren und Terminieren (Bayerischer Rundfunk, 13. November 2024)