Fachkräftemangel beseitigen und Potenziale im Inland besser nutzen – wichtigen Beitrag für die Wirtschaftswende umsetzen!
Arbeits- und Fachkräftemangel - ein Wohlstandsrisiko für unser Land
Voraussetzung für den Wohlstand in unserem Land ist eine starke Wirtschaft und für diese wiederum ein starker, wachsender Mittelstand. Ohne die kleinen und mittleren Betriebe, die in Bayern 99,6% aller Unternehmen ausmachen, geht wirtschaftlich kaum etwas. Doch der Mittelstand gerät in Bayern und ganz Deutschland zunehmend unter Druck. Hohe Ausgaben für Steuern und Energie, Belastungen durch Bürokratie und fehlende Planungssicherheit sind dabei zentrale Herausforderungen. Doch das dringlichste Problem ist weiterhin der Fachkräftemangel. Die Personalknappheit wird immer mehr zum Wachstumshemmnis für den Mittelstand und damit zum Wohlstandsrisiko für unser Land.
Ein Lösungsansatz ist die Anwerbung und der Einsatz ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von vielen Seiten gefordert und gefördert wird. Doch gibt es auch im Inland noch Potential, das aktuell nicht genutzt und nur unzureichend verfolgt wird. Daher fordert die FDP Bayern die Umsetzung der folgenden Maßnahmen:
Arbeiten lohnt sich – Etablierung eines neuen Mindsets und Beachtung des Lohnabstandsgebots
Etablierung eines neuen Mindsets
Arbeit und Leistung haben aktuell ein Imageproblem, das durch die Vertrauenskrise zwischen Bevölkerung und Staat verstärkt wird. Das Narrativ „mehr arbeiten lohnt sich nicht“ hält sich so hartnäckig in den Köpfen. Arbeit und Leistung müssen wieder als Mehrwert für die Gemeinschaft, die Wirtschaft und insbesondere das Individualleben verstanden werden – sinnstiftend, präventiv, lebensbejahend, wohlstandsfördernd. Die FDP Bayern fordert daher, dass die Regierungsparteien dieses neue Mindset durch eine Anpassung in Kommunikation und Themensetzung fördern.
Lohnabstandsgebot beachten
Das Bürgergeld wird 2025 nicht erhöht. Diese Nullrunde ist wichtig, damit das Lohnabstandsgebot wieder deutlicher zu Tage tritt. Wer arbeiten geht muss stets mehr in der Tasche haben als jemand, der nicht arbeiten geht. Daher müssen wir die Berechnungsmethode des Bürgergeldes auf den Prüfstand stellen. Denn für uns ist klar, dass das Lohnabstandsgebot gewahrt werden muss. Wir fordern, dass es zu einem Ausgleich kommt, wenn bei der Anpassung der Regelsätze die Prognose über die Preisentwicklung wie Anfang 2024 zu einer Überschätzung führt. Die „ergänzende Fortschreibung“ soll in den Folgejahren mit der tatsächlichen Preisentwicklung verglichen und verrechnet werden. Dazu wollen wir insbesondere die Hinzuverdienstgrenzen im Bürgergeld verbessern. Denn es existieren immer noch Einkommensbereiche, in denen der Mehrverdienst zu 100 Prozent auf die Sozialleistung angerechnet wird. Es sollte sich für jeden lohnen, mehr zu arbeiten.
Erwerbspotentiale heben: Rentner und Menschen in Care Arbeit in die Erwerbstätigkeit bringen
Dem Arbeitsmarkt werden durch staatliche Fehlanreize Kapazitäten zweier wichtiger Erwerbspersonengruppen entzogen: Rentner und Menschen, die Arbeiten wollen – auf Grund von Care-Arbeit aber weniger oder gar nicht einer Erwerbstätigkeit nachkommen können.
Rentner
Senioren, die freiwillig über die Regelaltersgrenze hinaus arbeiten, sind besonders zufrieden mit ihrem Leben. Sie ziehen Freude und Vitalität aus der Aufgabe und den sozialen Kontakten im Arbeitsumfeld. Dennoch arbeiten nur 9% der 65-74-jährigen in Voll- oder Teilzeit freiwillig weiter, weil es finanziell nicht attraktiv genug ist. Innerhalb der Boomer-Generation, die aktuell in Rente geht, sind viele gut ausgebildete und wertvolle Leistungsträger unserer Wirtschaft, die dem Mittelstand schmerzlich fehlen. Es müssen daher staatliche Fehlanreize korrigiert werden, die einen frühzeitigen Rentenbezug fördern. Auch die Arbeit über die Regelarbeitszeit hinaus muss sich für die Bürger lohnen und attraktiv sein. Die FDP Bayern fordert daher die folgenden Anpassungen im Rentensystem:
- Aktuell führt der Eintritt in die Rente vor Erreichen der Regelaltersgrenze (Frührente) zu Rentenabschlägen von 0,3% pro Monat. Würde der Abschlagsfaktor auf 0,5% erhöht werden, würde dies einen durchschnittlich gut 3 Monate späteren Rentenzugang bewirken. Dann ergeben sich in etwa 177.000 Vollzeitäquivalente zusätzlicher Beschäftigung in Deutschland, davon etwa 30.000 in Bayern.
- Rentner und Pensionäre haben ihr Leben lang Steuern und Sozialabgaben für die durch sie erbrachte Wertschöpfung gezahlt. In Anerkennung entfallen die Einkünfte aus der weiteren Tätigkeit mit Eintritt ins Rentenalter die Sozialabgaben und der Steuersatz wird auf 50 % des normalen Regelsteuersatzes minimiert.
- Den Wechsel der „Rente mit 63“ (aktuell Eintrittsalter 64 Jahre und 8 Monate!) hin zu einem flexiblen Renteneintrittsalter, wie etwa in Schweden.
- Aktuell führt der Eintritt in die Rente vor Erreichen der Regelaltersgrenze (Frührente) zu Rentenabschlägen von 0,3% pro Monat. Würde der Abschlagsfaktor auf 0,5% erhöht werden, würde dies einen durchschnittlich gut 3 Monate späteren Rentenzugang bewirken. Dann ergeben sich in etwa 177.000 Vollzeitäquivalente zusätzlicher Beschäftigung in Deutschland, davon etwa 30.000 in Bayern.
Ausbau von Tages- und Kurzzeitpflegeplätzen zur Entlastung pflegender Angehöriger
Pflegende Angehörige sind eine tragende Säule in der Betreuung und Versorgung von Pflegebedürftigen. Viele von ihnen übernehmen die Pflege von Familienmitgliedern oft rund um die Uhr und stehen dabei vor der Herausforderung, diese verantwortungsvolle Aufgabe mit ihrer Berufstätigkeit in Einklang zu bringen. Diese Doppelbelastung führt jedoch häufig dazu, dass pflegende Angehörige entweder nur in Teilzeit arbeiten können oder ganz aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden müssen. Der damit einhergehende Verlust an Arbeitskraft verstärkt den bereits bestehenden Fachkräftemangel in vielen Branchen zusätzlich.
Daher ist der Ausbau von Tages- und Kurzzeitpflegeplätzen dringend notwendig. Nur so können wir die pflegenden Angehörigen wieder schneller für den Arbeitsmarkt gewinnen.
Zudem sollte die finanzielle Unterstützung und Förderung dieser Pflegeformen verbessert werden, um sie für alle Familien zugänglich zu machen.
Bessere Erwerbsbeteiligung für Eltern ermöglichen
Wir wollen die Plätze in Kinderkrippen, Kindergärten, Horten, Häusern für Kinder, Mini-Kitas und Kindertagespflege bedarfsgerecht ausbauen. Aktuell fehlen in Bayern 70.000 Betreuungsplätze. Für die Eltern bedeuten mehr und flexiblere Kinderbetreuungsplätze eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, was wiederum die Teilhabe am Arbeitsmarkt in Zeiten des Fachkräftemangels verbessert. Wir brauchen deshalb Investitionsprogramme für die Kommunen und eine Fachkräfte-Offensive in der Kinderbetreuung. Die Staatsregierung wird hier ihrer Verantwortung für die bayerische Wirtschaft seit Jahren nicht gerecht. Des Weiteren fordern wir eine bessere steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch flexible Arbeitszeitrichtlinien
Um die Berufstätigkeit von Eltern zu fördern, sind familienfreundliche Arbeitszeitmodelle notwendig, die es ermöglichen, Karriere und familiäre Pflichten zu vereinbaren.
Wir fordern daher:
• Flexible Arbeitszeiten und Mobile-Office-Optionen.
• Förderung einer gerechteren Aufteilung der Care-Arbeit zwischen Frauen und Männern.
Frauen-Power in der Wirtschaft und freiwilliger Mutterschutz für Selbstständige
Eine Schwangerschaft in der Selbstständigkeit stellt aufgrund fehlenden Absicherungen zum Teil ein hohes wirtschaftliches Risiko für Frauen dar -insbesondere in Berufszweigen, in denen Frauen körperlich anspruchsvolle Aufgaben erledigen.
Wir fordern daher:
* Verbesserung der Rahmenbedingungen für selbstständige Unternehmerinnen und aktive Förderung von Frauen im Unternehmertum.
* die bestehenden Informationsangebote für Gründerinnen und Selbstständige zu stärken und zu bündeln, um noch gezielter über Ansprüche und Herausforderungen vor der Aufnahme der Selbstständigkeit zu informieren.
* Die Einführung eines flexiblen und freiwilligen Mutterschutzes für Selbstständige, welcher die gesetzliche Krankenkasse nicht zusätzlich belastet.
* Spezielle Elterngeldregelungen für Selbstständige, welche die individuelle Arbeitsrealität besser berücksichtigen und ihnen eine gerechte Absicherung während der Elternzeit bieten. Die aktuellen Elterngeldregelungen sind für selbstständige Frauen und Männer sind oft unzureichend, da sie häufig keine ausreichenden Einkommensersatzleistungen erhalten.
* Modernisierungsmaßnahmen des Elterngelds für Selbstständige: Um krisenbedingte Einkommenseinbrüche abzufedern, soll es Selbständigen und abhängig Beschäftigten ermöglicht werden, als Alternative zur jetzigen Berechnungsgrundlage für das Elterngeld einen mehrjährigen Bemessungszeitraum zu wählen. Zudem sind aufgrund von Krankheit oder Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft bedingte Mindereinnahmen in den letzten 12 Monaten vor der Geburt bei der Einkommensermittlung für Selbständige und abhängig Beschäftigte auszuklammern.
Beschleunigung der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten
In Deutschland unterliegen Asylbewerbern jedoch zunächst einem Arbeitsverbot. Als Resultat liegt die Erwerbstätigenquote von Schutzsuchenden im ersten Jahr nach Zuzug bei niedrigen 7%. Wir fordern daher, dass Schutzsuchende bei Vorlage eines Arbeitsvertrags für mindestens sechs Monate eine sofortige, vorläufige Arbeitsgenehmigung erhalten. So können Asylbewerbern bereits arbeiten, während Asylanträge bearbeitet werden. Damit Asylbewerbern und Unternehmen auch zusammenfinden können, muss ein legales Probearbeiten von 5 Tagen erlaubt sein. Geflüchtete haben oftmals keine (übersetzten) Zeugnisse, die Aufschluss über die Fähigkeiten der Person geben. Gerade und nicht nur im Handwerk lassen sich auch „ohne Papierkram“ nach kurzer Zeit handwerkliches Geschick und Einsatzbereitschaft feststellen. Arbeit ist ein einfaches und wichtiges Mittel für die Integration in einem neuen Land und in eine neue Kultur.
Wir fordern:
- Arbeitsgebot statt Arbeitsverbot: Wer arbeiten kann, soll arbeiten. Wir wollen deshalb ein Arbeitsgebot einführen: Asylbewerber erhalten mit Beginn des Asylverfahrens durch Antragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Arbeitserlaubnis. Asylbewerber ohne Jobangebot können für gemeinnützige Arbeit von den Kommunen herangezogen werden. Auch der derzeitige Leistungsumfang im AsylbLG soll einer kritischen Prüfung unterzogen werden, um Fehlanreize für Nicht-Arbeit zu eliminieren.
- Abschaffung unnötiger Hürden: Gesetzliche Hürden, die den Zugang von Asylbewerbern und Geflüchteten zum Arbeitsmarkt blockieren, müssen konsequent abgebaut werden.
Aus diesem Grund wollen wir ebenfalls die Verlängerung der Arbeitsgenehmigung unbürokratisch ermöglichen durch einen Nachweis des Arbeitsplatz. Dies muss digital möglich sein, damit die Menschen unbeschwert in ihrer Tätigkeit bleiben können.
Offensive zur Stärkung der dualen Ausbildung
Zur Begeisterung des Nachwuchses und seiner Eltern für Berufswege im Mittelstand und Handwerk setzen wir uns für eine Offensive zur Stärkung der dualen Ausbildung ein. Dazu bedarf es der Weiterentwicklung von Berufsschulen zu regionalen Ausbildungs- & Innovationszentren. Damit die duale Ausbildung als Chancenmodell von Schülern und Eltern erkannt wird, ist insbesondere die berufliche Aufklärung an den Schulen konsequent zu verankern. Dazu zählen Mechanismen wie die ausführliche Behandlung von Berufschancen, differenzierte Ausbildungswege und -ziele in allen Schulformen. Regelmäßige, praktische Erlebnisse in Unternehmen vor Ort oder mit den Unternehmen in den Schulen sind selbstverständlich. Dazu zeigen neue Formate wie Parents Days sowie Unternehmenstage und Berufspraktika für Schüler als auch die Etablierung von Zukunftscoaches an den Schulen die Berufsvielfalt auf. Den Eltern wird eine ebenso wichtige Beachtung beigemessen, da diese nicht selten ihre Kinder zum Studium drängen. Aufklärungsarbeit ist somit bei Schülern und Eltern gleichermaßen zu leisten. Die FDP Bayern fordert, dass der Freistaat Bayern hier mit gutem Beispiel voran geht.
Optimierung der Berufsorientierung
Die Berufsorientierung an Schulen bildet bei Jugendlichen die Grundlage für die Entscheidung einer passenden Ausbildung nach dem Schulabschluss. Schülerinnen und Schüler sollen eine umfassende und ergebnisoffene Berufsorientierung an den Schulen erhalten, in der akademische und berufliche Bildung gleichgestellt sind. Die berufliche Bildung muss über alle Schulformen hinweg fester Bestandteil sein.
Wir fordern daher Ausbau und Verstetigung von Partnerschaften zwischen Schulen und Handwerksorganisationen, zum gegenseitigen Kennenlernen und zur Unterstützung von Praktika, Berufsorientierungsprogrammen und Jobmessen an Schulen. Praxiserlebnisse in der Berufswelt müssen Bestandteil der schulischen Bildung sein. Lust auf Leistung und Praxis muss fühlbar, erlebbar werden.
Anerkennung von internationalen Abschlüssen und von deutschen interdisziplinären Ausbildungen
Wir haben bereits verschiedene ausländische Fachkräfte, die sich schon lange in Deutschland befinden. Sie werden aufgrund der nicht nachgewiesenen Deutschkenntnisse nicht als Fachkräfte anerkannt, anders als die neu anzuwerbenden Fachkräfte. Die Prüfungen hierzulande sind deutlich schwerer als die im Ausland erhältlichen Zertifikate.
Fachkräftebegriffe werden von Ämtern unterschiedlich ausgelegt. So ist eine Fachkraft in der Eingliederungshilfe zum Beispiel in einer WfbM anerkannt, bei einem Wechsel in ein Wohnheim bestimmt das Landratsamt, dass dieselbe Person, bei 90%iger gleicher Tätigkeit keine Fachkraft mehr ist, eine Pädagogin die im Hauptfach Erwachsenenpädagogik studiert hat in der Betreuung von Menschen mit Behinderungen keine Fachkraft sein soll.
Wir fordern:
- striktes Nein zu Willkürlichkeit in Entscheidungen der Landratsämter
- Einbindung von Einrichtungen bezüglich der Deutschkenntnisse von internationalen Fachkräften, die sich schon länger in Deutschland aufhalten
- Überarbeitung der Festlegungen von Fachkräften in Deutschland und Überprüfung der jeweiligen Standards
Erleichterung der Unternehmensnachfolge
Eine ganz besondere Art des Fachkräftemangels zeigt sich auch bei der Suche bei nach Unternehmensnachfolgern. Vielen kleineren und mittleren Unternehmen steht eine schwierige Betriebsnachfolge bevor, weil bisherige Inhaber aus Altersgründen ausscheiden, aber kein geeigneter Nachfolger bereitsteht. Gerade in Zeiten des demografischen Wandels rollt hier ein größer werdendes Problem auf uns zu.
Wir fordern daher:
• Förderung von Entrepreneurship im Handwerk bzw. Meisterkursen.
• Die Stärkung der Netzwerkbildung zwischen relevanten Institutionen wie Landesinnungsverbänden, HWK, IHK und Förderbanken.
• Stärkung der Gründungen und Ausgründungen aus Berufsschulen.