Stammstrecken-Chaos – FDP fordert lückenlose Aufklärung

Die Kosten für den Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München explodieren, die Fertigstellung verzögert sich erheblich. Das musste Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) Ende Juni öffentlich einräumen. Die FDP ortet ein Management-Versagen der Staatsregierung und fordert restlose Aufklärung, wie es zu diesem Debakel kommen konnte.

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Fast eine Verdopplung der Baukosten auf 7,2 Milliarden Euro. Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2037 statt 2028. Die Zwischenbilanz zur zweiten S-Bahn-Tunnelröhre, dem derzeit wichtigsten Infrastrukturprojekt im Deutschland, ist niederschmetternd. Niederschmetternd für die Steuerzahler, vor allem aber für die vielen leidgeplagten Pendler, die auf eine baldige Verbesserung des Angebots auf Europas meistbefahrener Bahnstrecke gehofft hatten.

„Im Sinne des Projekts und zur Entspannung der Verkehrssituation in München muss die Staatsregierung endlich handeln. Ein Weiter-so wird es mit uns nicht geben“, zeigt sich Sebastian Körber, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, verärgert über das offensichtliche Missmanagement der bayerischen Landesregierung. Immerhin ist die zweite Stammstrecke ein Projekt des Freistaats, der Bund tritt lediglich als Geldgeber in Erscheinung. „Die CSU-Staatsverkehrsminister haben uns in diese Lage manövriert. So wurde 2017 mit dem Bau begonnen, obwohl noch nicht einmal die Projektplanungen abgeschlossen waren. Baurecht lag in weiten Teilen noch nicht einmal vor. Zudem wurden weitere umfangreiche Änderungen veranlasst, die das Projekt weit zurückgeworfen haben“, moniert Körber.

Was wusste Söder?

Erschwerend kommt Medienberichten zufolge hinzu, dass Bayerns Staatsregierung bereits im Jahr 2020 über die sich abzeichnende Bauverzögerung und Kostensteigerung unterrichtet wurde. Die Frage steht im Raum, warum die Öffentlichkeit darüber nicht informiert wurde. „Die bayerische Staatsregierung hat die Fakten bewusst verschwiegen und auf Zeit gespielt“, ist sich Verkehrsexperte Sebastian Körber sicher. Bekanntlich hegte Markus Söder zum damaligen Zeitpunkt Ambitionen aufs Kanzleramt. Ein Infrastruktur-Desaster vor der eigenen Haustüre verträgt sich schwer mit dem selbst reklamierten Macher-Image.

Transparenz ließ die Staatsregierung auch in der letzten Sitzung des Bayerischen Landtags vor der Sommerpause vermissen. Mehrere Anfragen der FDP-Landtagsfraktionen zum Stammstrecken-Debakel blieben unbeantwortet, Verkehrsminister Bernreiter wartete mit Ausflüchten auf, Ministerpräsident Söder kam erst gar nicht zur Sitzung. „Dieses Thema wird die Landespolitik noch lange beschäftigen. Wir bleiben am Ball. Nicht zum ersten Mal zeigt sich: Dieser Regierung muss man genau auf die Finger schauen!“, zeigt sich FDP-Fraktionschef Martin Hagen entschlossen.