Nils Gründer zur Debatte über den Abschuss russischer Flugkörper

Uns alle treibt die internationale Weltlage um. Uns treibt auch die Sorge um, wie man auf die zunehmende Bedrohung und Provokationen durch Russland umgeht.
Kurz:
Luftraumverletzungen sind in keinster Weise eine Lappalie, oder etwas, was man auf die leichte Schulter nehmen darf. Wenn ein Feind einen angreifen will, dann wird er versuchen mit seiner Luftwaffe, die Lufthoheit über den Raum zu gewinnen, um so das Vorrücken von Bodentruppen abzusichern.
Um diese Absicherung eines Vorstoßes vorzubereiten, muss ein Einsatz der Luftstreitkräfte vorbereitet werden.

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Coyright Nils Gründer/Stefan Trocha

Uns alle treibt die internationale Weltlage um. Uns treibt auch die Sorge um, wie man auf die zunehmende Bedrohung und Provokationen durch Russland umgeht. 

Kurz: 

Luftraumverletzungen sind in keinster Weise eine Lappalie, oder etwas, was man auf die leichte Schulter nehmen darf. Wenn ein Feind einen angreifen will, dann wird er versuchen mit seiner Luftwaffe, die Lufthoheit über den Raum zu gewinnen, um so das Vorrücken von Bodentruppen abzusichern. 

Um diese Absicherung eines Vorstoßes vorzubereiten, muss ein Einsatz der Luftstreitkräfte vorbereitet werden. Damit ein etwaiger solcher Einsatz gelingen kann, muss man etwas über seinen Feind herausfinden. Das bedeutet, Putin will etwas über die NATO rausfinden, nämlich wie schnell und auf welche Art und Weise reagieren wir auf feindliche Kampfflugzeuge, Drohnen etc. die unseren Luftraum absichern. 

Es gibt ein festgelegtes Prozedere, wie man mit einer solchen Lage umgeht. 

Radarstationen melden ein ungeklärtes Luftfahrzeug. Die Lagedaten gehen an das Combined Air Operations Centre, bei nationaler Gefährdung übergibt man an das Nationale Luftsicherheitszentrum. 

Parallel werden QRA (Quick-Reaction Alert) Eurofighter der Luftwaffe alarmiert. Diese sind rund um die Uhr in Bereitschaft. Bei Alarm starten diese Maschinen innerhalb von wenigen Minuten. Die Eurofighter werden dann so schnell wie möglich in die Intercept-Zone gebracht. Intercept-Controller ordnen das Abfangen an, die QRA-Jets nähern sich, versuchen optische Identifikation, nehmen Funkkontakt auf und zeigen standardisierte Handzeichen mit dem Ziel das Flugzeug anzuweisen, den Kurs zu ändern oder den eigenen Luftraum zu verlassen. In den meisten Fällen drehen an dieser Stelle die russichen Flugzeuge ab. Wir haben im Jahr nämlich mehrfach solche Luftraumverletzungen durch die russische Seite. 

Bleibt das fremde Flugzeug aber stur, oder reagiert nicht, wird die Lage komplett neu bewertet. Wie lange ist die Verletzung? Gibt es eine Provokation? Besteht unmittelbare militärische Bedrohung? Hier schaltet sich sehr schnell die nationale Führungskette ein. Diese geht in solchen Fällen schnell hoch bis zum Verteidigungsminister. Würde ein feindlicher Jet, z.B. Kurs auf das Regierungsviertel nehmen, könnte man das Feststellen und bei einer militärischen Bedrohung bleibt einem dann auch nicht viel anderes übrig, außer ein feindliches Flugzeug, welches all diese Hürden überschritten hat, die zig Chancen auf Umkehr nicht genutzt hat, als konkrete Bedrohung einzustufen und diese dann zu eliminieren, d.h. abzuschießen. Der Abschuss ist die äußerste Maßnahme. Die Türkei hat 2015 bei einer sehr starken Verletzung der Grenzen und der Lufthoheit durch einen russischen Kampfjet auch schonmal zu dieser Maßnahme gegriffen. Seitdem hat Wladimir Putin nicht mehr versucht, den Luftraum und die Souveränität der Türkei zu verletzen. Die Verantwortung für den etwaigen Verlust eines Menschenlebens durch den Abschuss trägt Putin. Er befiehlt seine Soldaten diese Manöver zu fliegen.   

Ich gehe davon aus, dass in den nächsten Wochen die Provokationen zunehmen. Es darf nicht überraschen, wenn auf einmal russische Jets oder Drohnen versuchen in den deutschen Luftraum einzudringen. Ein Abschuss darf hier kein Tabu sein. Der Auftrag der Bundeswehr ist es Deutschland zu verteidigen. Das muss man sie auch machen lassen.