Zukunft denken - Liberale Weltraumstrategie

1. Präambel

Vor wenigen Jahrzehnten galten die Erkundung und Kolonisierung des Weltalls noch als Science-Fiction. Mittlerweile ist sie erklärtes Ziel der weltweiten Raumfahrt. Seien es zunehmende Expeditionstouren zu den Planeten unseres Sonnensystems, die Pläne von SpaceX mit ihrem „Starship“ Menschen zum Mars zu transportieren oder die gemeinsam geplante Raumstation von NASA und ESA im Mondorbit. Die Raumfahrt schreitet Tag für Tag voran.  Auf diese Entwicklungen wird von Seiten der Politik nur wenig bis gar nicht reagiert. Die Freien Demokraten wollen die politischen Weichen stellen, um die Erkundung und Kolonisierung des Weltalls zu ermöglichen.

Die Notwendigkeit der Weltallerkundung

Die Erkundung des Weltalls ist eine Frage der Sicherstellung von Jobs, der Ansiedlung von Hochtechnologie und der Gewährung internationaler Wettbewerbsfähigkeit und ist somit von gesamtgesellschaftlichem Interesse. Sie bietet die Gewinnung neuer Ressourcen und durch Forschung und Entwicklung das Entstehen neuer Technologien. Auch in Hinblick auf die zunehmende Weltbevölkerung und den fortschreitenden Klimawandel schafft die Erkundung des extraterrestrischen Raums potentiell neue Möglichkeiten der Ausweitung des Lebensraumes des Menschen. Staatliche Initiativen finden aus Sicht der Freien Demokraten daher ihre Berechtigung. Die Abgrenzung zwischen staatlichen und privaten Initiativen ist uns dabei jedoch wichtig. Die Freien Demokraten sehen vor allem die private Raumfahrt als beste Möglichkeit zur Erkundung des Weltalls, da sie kostengünstiger betrieben wird. Der Staat sollte ergänzend hierzu in den Bereichen aktiv werden, die von privaten Unternehmen nicht abgedeckt werden. Hierzu zählen aus Sicht der Freien Demokraten die Bereitstellung eines Rechtsrahmen und die Grundlagenforschung.

2. Globale und nationale Raumfahrt

Aktualisierung des internationalen Weltraumvertrages

Ein wesentlicher Bestandteil der Regelung der Art und Weise des Umgangs mit dem Weltall ist die internationale rechtliche Grundlage. Der internationale Weltraumvertrag aus dem Jahr 1967 sichert den Frieden im Weltraum und klärt die Nutzung von Himmelskörpern. Dieser Vertrag braucht nach 50 Jahren aber ein Update. Wesentlicher Bestandteil muss weiterhin im Sinne der Friedenswahrung im Weltraum das Kernwaffenverbot bleiben. Die internationalen Regeln durch einen Weltraumvertrag 2.0 können und sollen durch nationale bzw. europäische Regelungen noch weiter ergänzt werden. Die Aktualisierung des Weltraumvertrags soll aus Sicht der Freien Demokraten folgende Punkte beinhalten: 

• Eigentumsrechte klären

Auch weiterhin soll kein Himmelskörper im Eigentum einer einzelnen Nation oder Privatperson bzw. Unternehmen stehen. Vielmehr soll dies weiterhin der gesamten Menschheit zustehen. Um den Weltraum aber wirtschaftlich und für die Forschung besser nutzbar zu machen, ist es wichtig exklusive Nutzungsrechte für Himmelskörper oder Teile von Himmelskörpern zu vergeben. Diese Vergabe soll durch eine bei der UNO angesiedelten internationalen Organisation an einzelne Nationen erfolgen und über ein Ausschreibungsverfahren laufen. Die FDP verwahrt sich gegen private und öffentliche Institutionen, die Eigentum an Himmelskörpern vor einer einheitlichen Lösung vermarkten wollen.

• Weltraumbergbau

In den exklusiven Sondernutzungsrechten soll auch das Schürfrecht mit enthalten sein. Durch innovative Technik und günstige Weltraumflüge wird der Weltraumbergbau in Zukunft technisch und wirtschaftlich umsetzbar sein. Vor allem in Hinblick auf die Ressourcenknappheit der Erde kommt dem Weltraumbergbau eine besondere Bedeutung zu. Von den rund 700.000 bekannten Asteroiden befinden sich rund 17.000 in Erdnähe. Diese weisen eine enorme Rohstoffdichte, mit u.a. Platin, Eisen, Nickel oder Kobalt, auf. Rohstoffe, die auf der Erde begrenzt, für Zukunftstechnologien jedoch wichtig sind.

• Verkehrsregeln für Satelliten

Inzwischen umkreisen mehr als 1000 Satelliten unseren Planeten. Um Zwischenfälle zu vermeiden ist es daher unumgänglich, dass man sich auf internationale Verkehrsregeln für Satelliten einigt. Insbesondere auch, wie man bei weiterer Verdichtung die möglichen Umlaufbahnen zwischen den Betreibern der Satelliten aufteilt.

• Regularien zur Vermeidung und Abtransport von Weltraumschrott

Zur Vermeidung von Weltraumschrott müssen alle Beteiligten in die Pflicht genommen werden. Hierfür wollen die Freien Demokraten zukünftig einen Space-Debris-Trade-System (kurz SDTS) einführen, wonach man für jedes Kilogramm Müll im Weltall einen Vermüllungsschein benötigt. Um den Weltraumschrott zu begrenzen soll eine maximal zulässige Weltraumvermüllung festgelegt werden. Dieser Deckel muss sich danach bemessen, was Wissenschaftler und Ingenieure als eine zulässige Höchstmenge für ein immer noch kontrollierbares Risiko für Kollisionen mit dem Müll ansehen. Das SDTS Zertifikat muss dabei bereits beim Starten der Satelliten bereitgehalten werden, um so den potentiellen Müll jeder Zeit abdecken zu können. Wird Weltraummüll abtransportiert werden in gleicher Menge neue Zertifikate für den Müllbeseitiger geschaffen.

Nationales Weltraumgesetz

Wesentlicher Bestandteil der Unterstützung privater Raumfahrt Unternehmen ist die Schaffung von legislativen Grundlagen, die Investitions-, Planungs- und Rechtssicherheit gewährleisten. Die USA steckt bspw. seit den Achtzigerjahren mit eigenen Weltraumgesetzen die Rahmen ihrer kommerziellen Raumfahrt ab. Anders als in rund 20 Staaten, darunter eben die USA, aber auch Großbritannien und Frankreich, gibt es in Deutschland keine rechtlichen Grundlagen. Dies führt zu Rechtsunsicherheit und somit zu Investitions- und Innovationshemmnis. Die Folge daraus ist die Abwanderung von High-Tech Unternehmen. Neben der Überarbeitung der internationalen Grundlagenverträge fordern die Freien Demokraaten daher ein eigenes Weltraumgesetz, das den Rechtsrahmen für die kommerzielle Raumfahrt in Deutschland absteckt. Dieses soll u.a. folgende Punkte beinhalten:

• Haftungsgrenzen für Raumfahrtunternehmen

Haftungsfragen sind für private Unternehmen von wesentlicher Bedeutung. Die Schäden, die ein über dicht besiedeltes Gebiet abgestürzter Satellit verursacht, wären unbezahlbar. Versicherungen sind für NewSpace Unternehmen dementsprechend nicht zahlbar. Um die Entwicklung neuer Schlüsseltechnologien zu unterstützen, reden wir Haftungsgrenzen und Poolversicherungslösungen an.

• Behördliche Schranken abbauen

Wir wollen NewSpace Unternehmen beflügeln und nicht bremsen. Dafür sollen für neue Technologien behördliche Genehmigungsprozesse durch unbürokratische Anmeldung und zeitnahe Bearbeitung beschleunigt und Sicherheitsanforderungen auf ein notwendiges Mindestmaß verringert werden.

• Weltraumbergbau

Neben den globalen Regeln brauchen wir auch weitere nationale oder europäische Regeln, die insbesondere die Eigentumsverhältnisse genauer regeln. Damit Unternehmen rechtssicher Rohstoffe abbauen können müssen daher die Voraussetzungen für den Abbau und das Eigentum an den abgebauten Rohstoffen festgelegt werden.

Eigene Satellitenstation

Die deutsche Raumfahrtindustrie braucht eine eigene Satellitenstation, auf dem kleine, mittlere und große Raumfahrt- Zulieferer ihre Komponenten testen können („Trainingscamp im Weltall“) und ihre hochwertige Technologie erproben und als „flugtauglich“ zertifizieren können. Nur mit schneller und regelmäßiger Qualifikation von Innovation kommen wir auf dem wirtschaftlich vielversprechenden New-Space-Markt voran.

Testhallen

Zur Durchführung von Triebwerkstests wollen wir deutschen Raumfahrtunternehmen ebenso öffentliche Anlagen einfach und zu fairen Preisen zur Verfügung stellen.  

Weltraumforschung

Wir wollen in Europa mehr in Weltraumforschung und die European Space Agency (ESA) investieren. Während die NASA jährlich 20 Milliarden US Dollar zur Verfügung hat, haben sich die Europäischen Staaten zuletzt auf 14 Milliarden Euro über 3 Jahre für die ESA geeinigt. Wir brauchen eine dauerhafte, planbare und ausreichende Finanzierung der ESA. Zurzeit ist Deutschland nur sechster bei der Finanzierung pro Einwohner. Wir freuen uns zwar, dass die Bundesregierung Ende letzten Jahres eine höhere Finanzierung der ESA zugesagt hat, die Pläne reichen aber bei weitem nicht aus, international im Wettbewerb mithalten zu können. Deutschland muss hier seiner Vorbildrolle gerecht werden, die Mittel weiter erhöhen und alle Partner auffordern dies ebenfalls zu tun. Ebenso muss die Europäische Union in ihrem Haushalt mehr Mittel für die ESA bereitstellen. Ziel soll es sein, dass die ESA finanziell mit der NASA mithalten kann.

Cluster zu Innovationscampus

Die vier Raumfahrtcluster Berlin, München, Stuttgart/Bodensee und Bremen müssen zu großen, weltweit sichtbaren Innovationscampi weiterentwickelt werden. Damit aktivieren wir die Hebelkräfte des Netzwerks von Forschung, Lehre, Gründung und kommerzieller Skalierung.

Weltraumbahnhof in Deutschland

Wir wollen prüfen, ob ein Weltraumbahnhof in Deutschland für kleine Raketen (Micro-Launcher) ökonomisch sinnvoll ist. Infrage dafür kämen die Flughäfen Rostock-Laage in Mecklenburg- Vorpommern oder Nordholz in Niedersachsen.

3. Raumfahrtland Bayern

Mit einem Umsatzvolumen von 11 Milliarden Euro und aktuell 550 Unternehmen beschäftigt die Luft- und Raumfahrt allein in Bayern bereits jetzt mehr als 60 000 Menschen. Wir wollen diese Mittelständische Wirtschaft und den Forschungsstandort Bayern weiterentwickeln. Um Bayern zu einem Raumfahrtland zu machen müssen wir mehr investieren. Das Ziel muss die Investition der ersten Milliarde bis 2030 in diesem Bereich sein.

Weltraumfreiheitszonen

Wir setzen uns für die Einführung von Weltraumfreiheitszonen ein. Dort sollen NewSpace Gründer einfach und unbürokratisch ihr Unternehmen gründen können, indem sie mit direkter Hilfe von Beratern vor Ort unterstützt werden und von bürokratischen Pflichten soweit wie möglich befreit werden. Diese Zonen sollen auch infrastrukturell auf der Höhe der Zeit erschlossen sein. Für flächenextensive Unternehmen im Bereich „Satellite Launch“ sind unbürokratisch ausreichend Flächen zur Verfügung zu stellen. Ergänzend dazu sollen NewSpace Unternehmen in den ersten Jahren auch weitgehende steuerliche Freiheiten erhalten.

Forschung in Bayern

Seit 2013 wurde das Thema Raumfahrt sträflich vernachlässigt. Die angekündigten Investitionen für die neue Fakultät für Luft- und Raumfahrt an der TUM im Haushalt 2019/20 sind viel zu gering, um nachhaltig Erfolg zu haben. Wir brauchen beherztere Schritte. Bayern steht nicht im Wettbewerb mit anderen Bundesländern, sondern mit den internationalen Hotspots. Wir fordern daher eine Verdopplung der Finanzmittel für Bayerns Weltraumcluster.

Zudem setzen wir uns für eine Ausweitung der Grundlagenforschung ein. Hierfür begrüßen wir die Einrichtung neuer Fakultäten für Luft- und Raumfahrt und Geodäsie, wie bspw. an der TU München. Die Zusammenarbeit zwischen Forschung und privatem Sektor ist für die Freien Demokraten besonders wichtig. Daher sehen wir vor allem Standorte geeignet, an denen man zusammen mit ansässigen Luft- und Raumfahrtunternehmen forschen kann.

Insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit in der Raumfahrt soll zeitnah ein eigenes Bayrisches Forschungsprojekte angestoßen.

4. Unterstützung des privaten Sektors

Der Weltraum entwickelt sich zudem mehr und mehr vom Forschungsraum zum Wirtschaftsraum. Nachdem die Raumfahrt zu Beginn aus Kostengründen eine ausschließlich staatlich orchestrierte Wirtschaft war, wird das Weltall mittlerweile zunehmend von privaten Unternehmen befahren. Immer mehr private Unternehmen entstehen in der s.g. NewSpace Economy. Viele Start-Ups versuchen ihr Glück mit innovativen und hochtechnologischen Ideen. Wir wollen diesen Unternehmen die Hand reichen und ihnen die besten Startvoraussetzungen und Rahmenbedingungen für ihre Aktivitäten bieten.

Öffnung des Raumfahrtzentrums Guayana für private Unternehmen.

Für das Launching ist vor allem in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit die geographische Nähe zum Äquator wichtig. Das europäische Startzentrum in Französisch Guayana in Südamerika bietet sich auf Grund seiner Lage am Äquator an, Raketen mit weniger Treibstoff ins All zu bekommen. Um nicht über Drittstaaten Satelliten ins Weltall transportieren zu lassen, wollen wir daher die Starteinrichtungen der ESA in Französisch Guayana privaten Unternehmen zu fairen Preisen zur Verfügung stellen.

Wagniskapital

Zwischen 2000 und 2016 wurden weltweit mehr als 16 Milliarden US-Dollar in die private Raumfahrtbranche investiert. Davon fast 9 Milliarden in den vergangenen drei Jahren. Der Anteil an Wagniskapital wuchs dabei stetig. Wie auch in anderen Branchen gehen deutsche Start-Ups dabei jedoch überwiegend leer aus. 2017 erhielten US-amerikanische Start-Ups laut einer Studie drei Viertel aller eingesammelten Gelder. Finanzielle Möglichkeiten sind essentiell für junge Unternehmen. Daher müssen wir auch hierzulande einen Rahmen schaffen, der es Start-Ups ermöglicht möglichst leicht an viel Geld zu gelangen. Hierfür fordern die Freien Demokraten:

• Die Einführung eines Venture-Capital Gesetz, in dem u.a. die Möglichkeit der Abschreibung von VC Verlusten, die steuerliche Gleichstellung von Eigenkapital- zu Fremdkapitalfinanzierung und der Erhalt von Verlustvorträgen geregelt wird.

• Die Ausweitung von KfW Darlehen und ungebundenen Finanzkrediten auf die NewSpace Branche.