Technologie aus der Forschung in die Anwendung bringen – Ausgründungskonzept der FDP Bayern – Hightech als Motor für Innovation und Wachstum
Wir Freien Demokraten wollen den Technologie- und Wissenstransfer aus bayerischen Forschungseinrichtungen (Universitäten, Hochschulen und landeseigene Forschungsinstitute) in die wirtschaftliche Anwendung verbessern und beschleunigen. Bayern muss noch besser darin werden, die Forschungsergebnisse aus den Köpfen in Verfahren, Produkte, Geschäftsmodelle und Unternehmenswerte umzusetzen. Bei wissensbasierten Erfindungen, bei deren Einsatz in der Praxis nicht nur die Technologie selbst, sondern das diese umgebende Wissen erforderlich ist, stößt das klassische Lizenzmodell an seine Grenzen.[1] Daher gelingt die Translation wissensbasierter Erfindungen in Produkte, Verfahren und Dienstleistungen besonders gut in von den Erfindern neu gegründeten Unternehmen, die mit professionellen Risikokapitalgebern finanziert werden und sich außerhalb etablierter Strukturen der einen neuen Anwendung verschreiben.
Hierfür wollen wir die Gründer stärken, damit Innovationen in neuen Unternehmen umgesetzt werden können, da ohne mutige Gründer viele Werte in bayerischen Forschungsergebnissen nicht gehoben werden können. Ferner können professionelle Risikokapitalgeber, die sich aktiv um Startups kümmern und die im Wachstum derselben ihr Ziel sehen, wichtige Impulse für die Gründerkultur in Bayern setzen, sei es als Venture Capital Fonds, Business Angels oder andere private Kapitalgeber mit entsprechendem Erfahrungsschatz.
Die nächste Bayerische Staatsregierung mit Beteiligung der Freien Demokraten wird hierzu einen verlässlichen Rechtsrahmen für Technologie-Ausgründungen aus Universitäten, Hochschulen und Instituten schaffen, der es Erfindern von technologischen Innovationen ermöglicht, Ihre Erfindung im Rahmen eines Startups zu einem marktfähigen Produkt zu entwickeln. Zugleich soll den Forschungseinrichtungen die Möglichkeit gegeben werden, an den dadurch geschaffenen Werten zu partizipieren und die Erlöse wieder anderen Forschungsprojekten zuzuführen.
Das Ausgründungskonzept der Freien Demokraten soll insbesondere folgendes vorsehen, sofern die Vertragspartner nichts anders vereinbaren:
- Hochschulen und Universitäten sollen weiterhin die Möglichkeit haben, gewerbliche Schutzrechte an Diensterfindungen der bei ihnen beschäftigten und von ihnen geförderten Forscher zu sichern und wirtschaftlich zu verwerten. Das Arbeitnehmererfindungsgesetz kann hierzu weiterhin angewendet werden. Die Kosten der Schutzrechtsanmeldungen tragen die Hochschulen und Universitäten selbst. Diese sind mit den notwendigen Mitteln auszustatten, um die Schutzrechte und die daraus entstehenden (v.a. virtuellen) Beteiligungen professionell zu verwalten. Die Anmeldungen und das spätere Verfahren können auch an eine Agentur (bspw. die Bayerische Patentallianz GmbH) vergeben werden, wenn diese die nachstehenden Rahmenbedingungen einhält.
- Die Erfinder haben einen Anspruch darauf, dass einem von ihnen gegründeten Unternehmen eine Lizenz an den eigenen Schutzrechten sowie bei Bedarf eine nicht-ausschließliche Lizenz an angrenzenden Schutzrechten (Background IP) eingeräumt wird, wenn sie auf ihre finanziellen Ansprüche aus den Schutzrechten verzichten und die weiteren Voraussetzungen des Ausgründungskonzepts erfüllt sind. Gegenstand des Unternehmens muss die wirtschaftliche Verwertung der lizensierten Technologie durch neue Verfahren, Produkte und Dienstleistungen sein (nicht deren Verhinderung). Die Erfinder sollen darin eine aktive Rolle übernehmen. Für verbeamtete Erfinder ist eine Beurlaubung im Beamtenverhältnis durch Ergänzung der Art. 87 ff. BayBG zu ermöglichen, sodass über ein Rückkehrrecht deren soziale Absicherung erhalten bleibt.
- Die Lizenz ist exklusiv und unbegrenzt für die volle Schutzrechtsdauer einzuräumen. Sie hat alle für die Erfindung relevanten Schutzrechte und ggf. Know-how zu erfassen, soweit Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden. Bei Grundlagen-Technologien gilt die Exklusivität jeweils für den konkreten Anwendungsfall in der geplanten Gründung, aber möglichst breit; bei einer späteren Änderung der verfolgten Produktidee ist die Lizenz anzupassen, wenn der neue Lizenzbereich noch nicht anderweitig vergeben wurde. Bei konkreten Produkten und Verfahren gilt die Exklusivität jeweils umfassend. In beiden Fällen bleibt die lizenzgebende Einrichtung berechtigt, die Technologie für Lehr- und Forschungszwecke zu verwenden. Die Lizenz endet vorzeitig nur im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des lizenznehmenden Unternehmens oder bei dessen Liquidation oder der sonstigen Einstellung der wirtschaftlichen Aktivität. Ferner besteht ein Sonderkündigungsrecht für den Fall, dass die Kommerzialisierung der Erfindung nicht weiterverfolgt wird. Ab Erteilung der Lizenz trägt das lizenznehmende Unternehmen die weiteren Kosten der Anmeldung und der Erhaltung der Schutzrechte.
- Zudem erhält das Ausgründungsunternehmen eine Option, die Schutzrechte zu erwerben, sobald auf dessen Basis ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Verfahren entwickelt wurde, erste Kunden hierfür gewonnen wurden und die Finanzierung für das weitere Wachstum gesichert ist. Die Option kann mit Durchführung der entsprechenden Finanzierungsrunde oder Aufnahme anderer Finanzierungsmittel ausgeübt werden. Die Gegenleistung kann auch in virtuellen Anteilen erfolgen. Die Option ist ferner durch ein Vorkaufsrecht ohne solche Bedingungen abzusichern.
- Die Gründer müssen hierzu Eigenkapital in einem Umfang gesichert haben, der den laut Business Plan zumindest für die ersten 12 Monate erforderlichen Kapitalbedarf abdeckt. Dieses Eigenkapital kann von Privatpersonen, Business Angels, Family Offices, Venture Capital Fonds, staatlichen Co-Investment-Fonds (bspw. BayernKapital) oder anderen professionellen Risikokapital-Investoren stammen. Es muss sich mehrheitlich um Investoren handeln, die die Technologie zu einem marktgängigen Produkt entwickeln wollen. Venture Capital Fonds von Unternehmen mit strategischen Interessen (sog. Corporate VCs) dürfen allenfalls als Co-Investoren agieren.
- Die lizenzgebende Forschungseinrichtung erhält keine Lizenzgebühren, sondern eine virtuelle Kapitalbeteiligung von 5% an dem neu gegründeten Unternehmen, sodass für die Gründer zusammen 95% verbleiben (pre-Funding). Die Anteile vermitteln grundsätzlich die gleichen finanziellen Rechte wie die der Gründer (zu den Ausnahmen sogleich); die Gründer vereinbaren diese jeweils für sich mit den Investoren. Mit dem Einstieg von Investoren werden die Beteiligungsquoten der Gründer und der Forschungseinrichtung verwässert. Abweichende Vereinbarungen zwischen der lizenzgebenden Forschungseinrichtung und den Gründern bleiben möglich, ohne dass der Anspruch der Gründer auf Lizenzerteilung dadurch eingeschränkt wäre (siehe unten).
- Mit-Erfinder, die an der Forschungseinrichtung verbleiben (bspw. die forschungsanleitenden Professoren) bleiben weiterhin entsprechend ihrem Erfinderanteil an den Erlösen aus dem Schutzrecht beteiligt. Sofern Sie hierauf verzichten, erhalten sie (ggf. gemeinsam) virtuelle Anteile in Höhe von weiteren 2% des Kapitals des neu gegründeten Unternehmens.
- Die lizenzgebende Einrichtung und die Gründer können einvernehmlich abweichende Vereinbarungen treffen, bspw.:
- Die lizenzgebende Einrichtung kann die Schutzrechte auch bereits bei der Gründung oder bei der Seed-Finanzierung in das neue Unternehmen einbringen.
- Die Beteiligung kann auch offen ausgestaltet werden statt virtuell.
- Es können andere Beteiligungsquoten und auch Beteiligungen von Mit-Erfindern, die nicht Gründer werden, vereinbart werden.
- Es können Lizenzgebühren vereinbart werden.
- Es können andere Finanzierungsformen zugelassen werden.
Grundsätzlich wollen wir Verhandlungslösungen den Vorrang einräumen, daher richtet die Staatsregierung eine Schlichtungsstelle ein, die anzurufen ist, bevor das oben beschriebene Standard-Konzept Anwendung findet.
- Das Hochschulgesetz ist entsprechend zu ändern, damit Universitäten und Hochschulen sich im eigenen Namen an Unternehmen beteiligen können, falls dies abweichend vom oben beschriebenen Standard-Konzept mit den Gründern vereinbart wird. Die Verwaltung der Beteiligungen hat dann in enger Abstimmung mit den Gründern und den finanzierenden Risikokapitalgebern zu erfolgen. Die Forschungseinrichtungen sollen keine Aufsichtsrats- oder Beiratssitze beanspruchen. Sie können aber Experten in einen wissenschaftlichen Beirat entsenden.
- Bei einem späteren Verkauf oder Börsengang des Unternehmens erzielt die Forschungseinrichtung entsprechende Erlöse und kann diese wieder in ihren Forschungsbetrieb oder in neue Ausgründungen investieren.
- Das Bayerische Wirtschaftsministerium soll für die einzelnen Rechtsverhältnisse gemeinsam mit den relevanten Marktteilnehmern Musterverträge entwickeln und zur Verfügung stellen.
Dieses Konzept versteht sich ausdrücklich als Ergänzung zu den Innovationsräumen, die die Freien Demokraten zur organisatorischen Verdichtung von Spitzenforschung und Spitzentechnologie-Unternehmen schaffen werden. Es richtet sich primär an Universitäten und Hochschulen, kann aber auch auf außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, die vom Freistaat Bayern finanziert werden, ausgedehnt werden.