Herausforderungen an der Schnittstelle von Bildung und Wirtschaft durch Digitalisierung und Fachkräftelücke

Beschluss des Landesvorstands vom 14. Januar 2017 Präambel Bildung sollte ganzheitlich entlang der gesamten Bildungskette von frühkindlicher Bildung über Schule, Berufsausbildung, Hochschule bis hin zu betrieblicher Fort- und Weiterbildung sowie Seniorenbildung betrachtet werden. Reformen in einem Teil der Bildungskette sollten stets die Konsequenzen für die gesamte Bildungskette berücksichtigen. Bildung und Wirtschaft stehen dabei in enger Partnerschaft vor dem Hintergrund sowohl eines signifikant veränderten qualitativen sowie quantitativen Fachkräftebedarfs als auch vor dem Hintergrund der notwendigen kontinuierlichen Lern- und Berufsbefähigung des Einzelnen. Gleichzeitig dient Bildung der umfassenden Lebensvorbereitung und Lebensgestaltung, besteht also aus einer Kombination von fachlicher, sozialer und personaler Kompetenz. Ferner ist eine ganzheitliche Bildungspolitik das Grundverständnis der FDP Bayern um Chancengerechtigkeit zu schaffen und damit gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Unsere liberalen Grundforderungen sind:
  1. Das Erfolgsprinzip deutscher Berufsausbildung, die "Dualität der Lernorte“ auch auf Schule und Studium flächendeckend ausweiten
    1. berufsbezogene, auf Berufsausbildung anrechenbare Module in der Zweigwahl
    2. "Dualität" als Profil einer Schule
    3. Stärkung sowohl der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) als auch der Wirtschaft- und Finanzkompetenz-Fächer insbesondere durch praxisnahe Projektarbeit
    4. Ausbau dualer Bachelor- und Masterstudiengänge an Hochschulen für angewandte Wissenschaften und Universitäten
    5. Weiterer Ausbau berufsbegleitender Bachelor - und Masterstudiengangsangebote in Präsenz wie online an allen Hochschultypen
  1. Stärkung der dualen Berufsausbildung
    1. Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung durch wechselseitige Anrechnung von Modulen und beidseitige Erleichterung der Zugänge stärken (vgl. nicht umgesetzte Vorschläge des Wissenschaftsrats 2012)
    2. Unverzügliche Überarbeitung etablierter Berufsbilder im Kontext der Digitalisierung sowie Neuentwicklung von Berufsbildern für neuartige Tätigkeiten in der digitalisierten Wirtschaft (wie z.B. Drohnen-Techniker/-in, Big Data-Experte/-in)
    3. Öffnung der Berufsausbildung für eine Modularisierung (Teilqualifizierungen) um vor dem Hintergrund der Migrationsströme sowie der Millionen An- und Ungelernten Einstiegsbrücken in qualifizierte Arbeit zu ermöglichen, ggf. so, dass eine Kombination der Module zu anerkannten Berufsabschlüssen führen kann. Dies muss von Kombilohn-Modellen bzw. Öffnungsklauseln in der Mindestlohnregelung flankiert werden. Weiterhin Ausbau von Teilzeitausbildung für Menschen, die besondere Einstiegsbedingungen benötigen um berufliche Entwicklung, Karriere und Familie vereinbaren zu können.
  1. Entwicklung von Digitalisierungskompetenzen sowohl bei den betroffenen Bildungsinstitutionen, als auch bei allen Bildungsbeteiligten. Dabei ist sicherzustellen dass alle Beteiligten über entsprechende Medien (Laptop, Tablets etc.) verfügen
    1. Förderung von Schulen („Smart Schools“), die Schüler, Lehrer, Eltern und Sachaufwandsträger digitale Kommunikation ermöglichen. Aufbau offener Kommunikationsplattformen für Lehrer, Dozenten, Lernende (kooperative Unterrichtsplanung) und Administratoren (Personaleinsatzplanung, Vertretungen) Dies gilt auch für Auf-und Ausbau von digital basierten Hochschulen ("Smart Universities").
    2. Alle Bildungseinrichtungen sind mit entsprechender Infrastruktur und leistungsfähigem Internet auszustatten.
    3. Einführung eines Pflichtfachs zum Erwerb von Medien- und Informatik-Grundkompetenzen durch Schülerinnen und Schülern sowie Gestaltung eines fächerübergreifenden Einsatzes digitaler Medien (4. Kulturtechnik).
    4. Ständige Aus- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer in Medienkompetemz und digitaler Didaktik nach bundesweit einheitlichen Qualitätsstandards
  2. Stärkung insbesondere von ländlichen Regionen sowie des regionalen Mittelstands und Unternehmertums durch Aufbau von Bildungs- und Innovationsclustern
    1. Stärkung der dritten Mission („Third-Mission“) von Hochschulen, d.h. Transfer, Förderung von Gründertum, von Weiterbildung insb.im digitalen Bereich sowie von zivilgesellschaftlichem Engagement
    2. Ausbau internationaler Schulen zur Sicherung der Attraktivität der Regionen und der Mobilität von internationalen Fachkräften
    3. Curriculare Verzahnung von schulischem Lernen mit außerschulischen Lernangeboten von Unternehmen, Stiftungen, Verbänden; Sicherung der Güte der Kooperation durch Qualitätsstandards und Verhaltenscodex (Code of Conduct). Dies bietet sich insbesondere im Rahmen des Ausbaus gebundener Ganztagesschulen an.
    4. Auf- und Ausbau regionaler Gremien zur Verzahnung der Bildungsaktivitäten entlang der Bildungskette und zur Positionierung als attraktive Beschäftigungs-, Bildungs-und Gründerregion in den kreisfreien Städten und Landkreisen mit möglicher Verzahnung mit "Sonderwirtschaftszonen", in denen Gründer, etablierte innovationsorientierte Unternehmen, Wagniskapitalgeber von spezifischer Regulierung befreit sind oder besonders entlastet werden (Bauvorschriften, zeitlich befristete Steuerfreiheit etc.)
  1. Individualisiertes, an Begabungen orientiertes Lernen
    1. Schaffung von Plan- bzw. Lehrprogramm befreiten Räumen und Zeiten zur Entfaltung von unternehmerisch-kreativen Potentialen der Lernenden
    2. Einrichtung von Kreativ-Labs, Maker-Spaces, Experimentier-Inseln, Start-up-Laboren in denen nicht gelehrt wird, sondern Lernende "ihr Ding" machen, ihre eigenen Ideen selbstmotiviert und kreativ bearbeiten
    3. Besondere Förderung von Hochbegabten zur Sicherung des Top-Expertennachwuchses (z.B. MINT-Leistungszentren, Profil-Internate) sowie Förderung von Menschen mit Inselbegabung
    4. Besondere Förderung von Inselbegabten und Praktischbegabten durch individualisierte Lernen und Bildungsbegleitung  mit spezifische Inhalten.
  1. Reform und Umsetzungsbarrieren, die den Zielen dieses Antrags entgegenstehen, durch Wettbewerb im Bildungswesen und marktorientierte Profilbildung der Bildungsinstitutionen entgegenwirken.
    1. Wir brauchen starke Schulen und Hochschulen, die in eigener Verantwortung im Wettbewerb mit anderen (auch privaten) Bildungseinrichtungen bei Bildungsinteressierten stehen
    2. Die Finanzierung der Bildungseinrichtung muss diesen Qualitätswettbewerb unterstützen. Nach dem Prinzip „Geld folgt Schüler bzw. Studenten“ leistet jeder Bildungsinteressierte seinen Beitrag durch seinen „Bildungsgutschein“.