Freies Netz für freie Bürger!
Das freie Internet ist in Gefahr. Aktuell gibt es auf deutscher, und ganz besonders auf europäischer Ebene Vorhaben, die die Freiheit des Internets stark gefährden werden. Die Gesetzesvorhaben sind dabei unterschiedlich weit fortgeschritten. Dennoch stellen wir uns gegen all diese Vorhaben, die jedes für sich, aber besonders in der Gesamtkombination, abzulehnen sind.
Im Einzelnen geht es uns um die nationale Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie, die geplante Verordnung zur Verhinderung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalten (TERREG) und die Beschlussvorlage für den Rat der Europäischen Union für ein Verschlüsselungsverbot.
1. Uploadfilter verhindern: Nationale Umsetzung der Urheberrechtlinie
In Anbetracht der massiven Proteste gegen die Verabschiedung der neuen Urheberrichtlinie (alleine 40.000 Menschen in München und 200.000 Deutschlandweit vor der Europawahl 2019) haben deutsche Politiker von CDU & SPD versprochen, in der deutschen Umsetzung der Richtlinie auf sog. Uploadfilter zu verzichten. Auch der Koalitionsvertrag von CDU/SPD beinhaltet die Passage: “Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern, um von Nutzern hochgeladene Inhalte nach urheberrechtsverletzenden Inhalten zu “filtern”, lehnen wir als unverhältnismäßig ab.”. Dies wurde von Experten als unrealistisch bewertet, da eine rechtsgetreue Umsetzung der Verpflichtung zur künftigen Sperrung gemeldeter Inhalte ohne eine Filtermöglichkeit beim Upload als nicht realistisch erachtet wird. Tatsächlich enthält der Entwurf für das “Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz - UrhDaG” nun eine solche Lösch- & Sperrverpflichtung, welche einen Mechanismus zur Überprüfung der Legitimität erfordert, also einen Uploadfilter.
Dies lehnen wir als Freie Demokraten weiterhin aus folgenden Gründen ab:
- Die Filterpflicht verlangt von Unternehmen rechtliche Bewertung von komplexen
Sachverhalten. Außerdem drohen bei Zuwiderhandlung empfindliche Strafen. Dies
führt dazu, dass lieber mehr als weniger Inhalte als rechtlich notwendig
herausgefiltert werden. Damit wird aber die Redefreiheit unnötig eingeschränkt.
Die Aufdeckung und Ahndung von Rechtsverstößen ist eine hoheitliche Aufgabe von
Staatsanwaltschaften und Gerichten. Diese kann und darf nicht privatisiert
werden.
- Nutzer müssen für die wiederholte
Bagatellschranke im Urheberrecht – dies könnte zwar die sog. “Meme-Kultur” retten,
hilft aber nicht über eine schlechte Umsetzung der Richtlinie hinweg. Aus dem
Unvermögen, ein Urheberrecht für ein digitales Zeitalter zu gestalten, ist die
Unmöglichkeit geworden, eine schlechte Richtlinie sinnvoll umzusetzen. Wir erkennen
das Bemühen an, auch die Nutzerrechte mit einzubeziehen. Jedoch ist der Ansatz
ungeeignet und wird daher in dieser Fassung von uns abgelehnt.
2. Verordnung zur Verhinderung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte
(TERREG)
Noch keine große mediale Aufmerksamkeit hat das Vorhaben zur Verhinderung der
Verbreitung terroristischer Online-Inhalten (TERREG). Diese Verordnung braucht, wenn
sie auf europäischer Ebene das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen hat, keine
nationale Umsetzung, sondern entfaltet sofort seine Wirkung für die gesamte EU,
welches die Brisanz ungemein erhöht.
Auch hier möchte man, insbesondere Deutschland während der EU Ratspräsidentschaft,
automatische Filter als Lösung gegen die Verbreitung terroristischer Inhalte
durchsetzen. Daneben soll es zu sehr kurzen Löschfristen kommen - bei der
Schnelllöschung bleibt den Netzwerken gerade mal 1 (eine!) Stunde Zeit Inhalte zu
löschen. Da teils hohe Strafen bei Nichtbefolgung drohen, werden Unternehmen eher
geneigt sein präventiv eher zu viel und zu schnell zu löschen. Während große
Plattformen keine Probleme haben werden innerhalb von einer Stunde zu reagieren,
stellt dies kleinere Unternehmen und StartUps vor starke Herausforderungen bzw. sind
wirtschaftlich nicht tragfähig. Einschränkungen von Meinungsfreiheiten sollten jedoch
immer erst gründlich geprüft werden. So könnten Uploadfilter fälschlicherweise auch
journalistische Beiträge oder Beiträge von NGOs über Terror-Berichterstattung
treffen, was auch eine Gefahr für die Pressefreiheit darstellt.
Bei TERREG geht es dabei nicht nur um terroristische Inhalte sondern auch sonstige
Unterstützung terroristischer Gruppen. Das klingt zunächst nicht problematisch, wird
es aber dann, wenn über TERREG nationale Behörden terroristische Inhalte auch in
anderen europäischen Ländern löschen können sollen und die Definition über
terroristische Organisationen in Europa durchaus auseinander geht. So betrachtet
Spanien die Separationsbewegungen von Katalonien als terroristisch, Ungarn betrachtet
Umweltschützer als „Öko-Terroristen“ und in Griechenland geht es um Teile der
Seenotrettung die als “terroristisch” bezeichnet werden. Zwar sollen die nationalen
Behörden des jeweils betroffenen Landes Mitspracherecht haben, aber die Gefahr von
Missbrauch liegt auf der Hand.
Wegen dem allen sehen wir die Verabschiedung von TERREG, die noch in diesem Jahr
geplant ist, aus den oben bereits genannten Gründen extrem kritisch. Auch der
(vermeintliche) Kampf gegen terroristische Inhalte rechtfertigt das Instrument der
Zensur nicht. Wir lehnen diese Verordnung - und jedes ähnliche Vorhaben - deshalb ab.
3. Beschlussvorlage für den Rat für ein Verschlüsselungsverbot
Ganz am Anfang befindet sich das Verfahren für ein europäisches
“Verschlüsselungsverbot”. Trotz massiver Proteste aus Wissenschaft, Wirtschaft und
Politik halten die EU-Innenminister an dem Plan fest, die Beihilfe von
Dienstanbietern wie Apple, Facebook, Google, Threema, Signal oder WhatsApp zum
Entschlüsseln zu fordern.
Unter deutscher Ratspräsidentschaft, wurde nach dem Terroranschlag von Wien innerhalb
von fünf Tagen eine beschlussfertige Vorlage für den Rat zusammengezimmert, die
vorsieht, dass man in Zukunft auch Ende-zu-Ende verschlüsselte Nachrichten mitlesen
können muss.
Das geht nur wenn die Messenger-Dienste den Sicherheitsbehörden einen
“Generalschlüssel” aushändigen würden, diese Nachrichten durch Man-In-The-Middle
Attacken (MITM) mitlesen zu können. Es geht also um ein generelles Verbot der
Verschlüsselung gegenüber dem Staat. Verschlüsselte Kommunikation im europäischen
Netz wäre dadurch für normale Bürger kaum noch möglich. Technisch versierte
Kriminelle und Terroristen könnten jedoch weiterhin verschlüsselt (z.B. durch eigene
Generierung von Schlüssel für asymmetrische Verschlüsselungsverfahren wie RSA) und
anonym (z.B. via Onion Routing/TOR) kommunizieren.
Generalschlüssel bergen zudem auch immer das Risiko des Missbrauchs. Letzten Endes
könnte es sehr gut dazu kommen, dass Terroristen selbst in den Besitz der
Fremdschlüssel gelangen. Dadurch wäre ein solches Gesetz sogar kontraproduktiv und
würde Terrorismus nicht nur nicht bekämpfen, sondern könnte neue Arten des
Terrorismus sogar noch erst ermöglichen. Darüber hinaus wäre ein Briefgeheimnis im
Internet de facto abgeschafft.
Wir Freie Demokraten lehnen derartige Vorhaben entschieden ab und fordern stattdessen
ein Recht auf Verschlüsselung! Terrorismus und andere Formen schwerster Kriminalität
müssen konsequent bekämpft werden können, Hintertüren in Kommunikationsdiensten
können dafür aber nicht die Lösung sein. Wer Verschlüsselungen aufweicht, schwächt
die IT-Sicherheit insgesamt. Wir fordern dabei auch, dass Telekommunikations- und
Telemedienanbieter gesetzlich verpflichtet werden sollen, ihre Dienste standardmäßig
abhörsicher (Ende-zu-Ende verschlüsselt) anbieten. Nur so gewährleisten wir
effektiven Grundrechtsschutz auch in Zukunft im Netz. Alle Experten haben in einer
Anhörung im Januar diesen Jahres im Bundestag ein Recht auf Verschlüsselung
befürwortet. Wir müssen jetzt auch weiter entschlossen für diese Forderung kämpfen