FDP Bayern - Partei der Innovation

61. Ordentlicher Landesparteitag 25./26.09.2010 in Kulmbach Beschluss zum Antrag L1 „FDP Bayern – Partei der Innovation“ Für uns Liberale bedeutet „Innovation“ mehr als technischer Fortschritt. „Innovation“ verstehen wir als geistigen und gesellschaftlichen Prozess der Erneuerung und Weiterentwicklung auf vielen Feldern der Politik. Hier sehen wir die vordringliche Aufgabe der FDP als Partei und unserer Regierungsmitglieder und Mandatsträger in Europa, im Bund, im Land und in den Kommunen. Vieles haben wir seit Beginn der schwarz-gelben Koalition in Bayern bereits erreicht. Auf diesem erfolgreichen Weg wollen wir weiter vorangehen. Dazu haben wir insbesondere folgende Vorstellungen: Bildung Bildung ist für die FDP die Grundlage für Freiheit und Toleranz, Verantwortung und Leistungsfähigkeit. Erziehung und Ausbildung unserer Kinder finden heute grundlegend andere Bedingungen vor als noch vor wenigen Jahren. Der gesellschaftliche, soziale und technische Wandel verlangt veränderte Rahmenbedingungen für erfolgreiche Bildung. Das bayerische Bildungssystem soll nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch auf gesellschaftliche Anforderungen vorbereiten, soziale Kompetenzen fördern sowie Werte vermitteln. Medienkompetenz, kulturelle Bildung, Umwelterziehung und Demokratieverständnis sind dabei wichtige Bestandteile. Die FDP ist sich in diesem Zusammenhang der besonderen Herausforderungen bewusst, welche migrationsbedingte Veränderungen der Gesellschaft mit sich bringen. Sie erarbeitet ein tragfähiges Konzept, um bestmögliche BiIdungschancen unabhängig vom ethnischen und kulturellen Hintergrund junger Menschen zu erreichen. Bildung und Erziehung müssen sich ergänzen und bedingen einander. Eltern und Schule stehen gemeinsam in einer besonderen Verantwortung. Dabei vertritt die FDP einen allumfassenden Bildungsbegriff. Bildung beginnt möglichst früh und endet im Sinne eines lebenslangen Lernens nie. Unterstützt durch den Staat stehen die Eltern in der Hauptverantwortung für die Bildung ihrer Kinder. Die aus unserer Sicht wichtigsten Kernelemente innovativer Bildungspolitik: •Qualitätssteigerung in der vorschulischen Bildung: Junge Menschen müssen vergleichbare Chancen beim Start ins Leben haben. Das Erlernen der deutschen Sprache im frühen Kindesalter ist dafür die wichtigste Voraussetzung. Kindertagesstätten verstehen wir als Bildungseinrichtungen, die qualitativ hochwertige Angebote bereitstellen müssen und in die Zuständigkeit des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus gehören. Für eine Qualitätssteigerung in der frühkindlichen Bildung fordern wir eine Aus- und Weiterbildungsoffensive für Erzieherinnen und Erzieher, eine verstärkte Anwerbung männlicher Fachkräfte, eine bedarfsgerechte Akademisierung der Leitungsstellen sowie den Ausbau von Lehrstühlen für Elementarpädagogik an den Hochschulen. Speziell in Bezug auf das Bayerische Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes (BayKiBiG) fordern wir eine Verbesserung des Anstellungsschlüssels für pädagogische Fachkräfte auf 1:10 und die Schaffung eines freiwilligen Gütesiegels bzw. einer freiwilligen Zertifizierung für Kinderbetreuungseinrichtungen. •Der Ausbau der vorschulischen Bildung: Das letzte Kindergartenjahr muss verpflichtend und kostenfrei sein, mittelfristig sollte die gesamte Kindergartenzeit kostenfrei sein. Das Angebot soll dabei möglichst vielfältig sein, bei einer Gleichstellung von staatlichen und privaten Trägern. •Die Steigerung der Chancengerechtigkeit in der schulischen Bildung: Wir müssen insbesondere in Bayern dafür sorgen, dass Kinder mit Migrationshintergrund aus bildungsfernen Schichten individuell so gefördert werden, dass ihr Anteil an höherwertigen Schulabschlüssen signifikant steigt. Unsere Gesellschaft braucht jeden einzelnen Schüler mit seinen besonderen Talenten und Fähigkeiten. Desweiteren wollen wir die Quote der Schulabbrecher und Wiederholer deutlich senken. Ein entscheidender Baustein dafür ist 2 61. Ordentlicher Landesparteitag 25./26.09.2010 in Kulmbach Beschluss zum Antrag L1 mehr Durchlässigkeit zwischen den Schultypen. Dazu dient das von der FDP konzipierte Kooperationsmodell, das eine vertiefte Zusammenarbeit von Realschule und Haupt- bzw. Mittelschule unter einem Dach ermöglicht und beide Schulabschlüsse – qualifizierenden Hauptschulabschluss und echten Realschulabschluss – wohnortnah anbietet. Wir wollen die Kooperation von Realschule und Haupt- bzw. Mittelschule regional passgenau ausbauen, ebenso wie die beruflichen Schulen (FOS, BOS), die als zweite Säule zur Hochschulreife führen. •Zeitgemäße berufliche Bildung: Das deutsche System der dualen Berufsausbildung und der Qualifikationsstandard unserer Facharbeiter und Fachangestellten werden weltweit bewundert. Hierin liegt ein Grund für die im internationalen Vergleich niedrige Jugendarbeitslosigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Wir wollen dieses System erhalten und stärken. So soll insbesondere das Verfahren zur Einführung neuer Berufsbilder und der Erneuerung bestehender Ausbildungsordnungen vereinfacht und beschleunigt werden. Die Lehrpläne für den theoretischen Ausbildungsteil an den Berufsschulen sollen im Dialog mit der Wirtschaft noch praxisbezogener gestaltet werden. •Ausbau der Aufstiegsfortbildungen: Aufstieg durch Leistung ist seit jeher ein liberales Credo. Als geeignetes und erfolgreiches Instrument haben sich im nichtakademischen Bereich die sogenannten Aufstiegsfortbildungen (Meisterprüfung im handwerklichen und gewerblichen Bereich bzw. Fachwirtprüfungen im Angestelltenbereich) erwiesen. Diese Fortbildungen auf hohem Niveau und mit großem Zeitaufwand werden von den Teilnehmern selbst finanziert. Um die Zahl dieser Fortbildungen zu erhöhen, soll daher das Meister-Bafög deutlich ausgebaut werden. Insbesondere soll der bisherige Darlehensanteil in einen echten Zuschuss umgestaltet werden. Weiterhin ist zu prüfen, ob bedarfsgerecht weitere Fachwirt-Fortbildungsgänge eingerichtet werden sollen. Mehr Eigenverantwortung für die Schulen: Die bayerischen Schulen sollen, wie vom bayerischen Kabinett auf Verlangen der FDP beschlossen, sukzessive mehr Eigenverantwortung erhalten, um die Qualität des bayerischen Bildungswesens zu sichern. Dazu gehört mehr Autonomie der Schulen insbesondere bei der Personalplanung und – Entwicklung der Durchführung und Auswertung des Unterrichts, sowie der Leitung, Organisation und Verwaltung. Die Finanzierung durch das Land und die Schulträger soll sukzessive in Form von Gehaltsbudgets erfolgen.   •Vergleichbarkeit durch bundesweite hohe Bildungsstandards: Durch eine gezielte und qualitätsorientierte Anpassung der Lehrpläne an bundesweite Bildungsstandards wollen wir, dass Abschlüsse innerhalb Deutschlands vergleichbar werden und Mobilität gesichert ist. Wir wollen, dass das bayerische Gymnasium die Kompetenzen vermittelt, die unsere Schülerinnen und Schüler brauchen, damit sie sowohl für Wissenschaft und Forschung als auch für den globalen Arbeitsmarkt gerüstet sind. Am Abitur nach 12 Jahren halten wir fest. •Weiterer Ausbau der Ganztagsschulen: Mit Eintritt der FDP in die Staatsregierung ist der Ausbau von Ganztagsschulen signifikant vorangekommen. Diesen Weg müssen wir weitergehen, denn insbesondere die gebundene Ganztagsschule wird von den Eltern nachgefragt und bietet einen pädagogischen Mehrwert für die Schülerinnen und Schüler. Die gebundene Ganztagsschule ist für uns die Schule der Zukunft, denn dort kann Schule Lern- und Lebensraum werden. Musische, sportliche und kulturelle Angebote können passgenau in den Schulalltag eingebunden werden •Gezielte Nachwuchsförderung in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik): Bereits in Kindergarten und Schule muss bei Kindern und Jugendlichen Neugierde und Interesse für Naturwissenschaften und Technik gefördert werden. •Für ein besseres Miteinander der Menschen mit und ohne Behinderungen an bayerischen Schulen - Umsetzung der Inklusion in Bayern: Die Verpflichtungen, die sich aus dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) in Deutschland, insbesondere aus dem Art. 24 BRK, ergeben, betreffen direkt die Bildungs-, Schul- und Hochschulpolitik der 3 61. Ordentlicher Landesparteitag 25./26.09.2010 in Kulmbach Beschluss zum Antrag L1 Bundesländer. Aus Sicht der FDP ist klar, dass das Ziel der vollständigen Inklusion behinderter Menschen ein langfristiger Prozess ist. Ziel muss es sein, dass auch in Bayern eine echte Wahlmöglichkeit zwischen dem Besuch einer Regelschule oder einer Förderschule besteht, so dass Kinder mit einer Behinderung, die eine Regelschule besuchen wollen, dies auch uneingeschränkt tun können. Um eine dem individuellen Bedarf des einzelnen Kindes entsprechende Förderung im gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Schülern zu ermöglichen, sind in den nächsten Jahren die notwendigen Kapazitäten (räumlich wie personell) auszubauen . Es ist unsere Überzeugung, dass Inklusion nur unter Bereitstellung der notwendigen Kapazitäten erfolgreich sein kann. Um dieses Ziel zu erreichen müssen Regelschulen und Förderschulen zudem näher zusammenfinden und kooperieren. Es ist zu prüfen, inwieweit sich nicht auch Förderschulen sukzessive für nichtbehinderte Schüler öffnen können. Wir setzen uns dafür ein, dass eine gute Diagnosefähigkeit der Lehrkräfte die Beratung der Eltern optimiert, damit die Eltern auch tatsächlich eine echte Wahlfreiheit haben. Um die Förder- und Diagnosefähigkeit der Lehrkräfte zu verbessern, müssen wir die Lehrerausbildung zielgerichtet reformieren. Ebenfalls müssen der Mobile Sonderpädagogische Dienst (MSD) und das Angebot an Integrationshelfern ausgeweitet sowie das Lehramt für Sonderpädagogik auf die neue Situation angepasst und gestärkt werden. Es ist zu überprüfen, inwieweit beim Studium auf das Lehramt nicht von vornherein Kombinationen mit sonderpädagogischen Abschnitten angeboten werden können. Die schrittweise Umsetzung der Inklusion gilt auch für den Bereich der Hochschulen. • Die Hochschulen müssen mehr Autonomie gewinnen: Nach dem vom FDP Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch konsequent durchgesetzten 1. Schritt – autonome Berufung der Hochschullehrer – fordern wir als nächste Schritte die autonome Festlegung der Studiengänge und –inhalte sowie die freie Disposition über die Finanzmittel innerhalb des vom Staat festgelegten Gesamtbudgets. Auch die Gründung privater Hochschulen werden wir gezielt unterstützen. • Mehr Interdisziplinarität: Gemeinsam mit Forschern, Hochschullehrern und Studierenden soll zwischen den verschiedenen Disziplinen, einschließlich der Geistes- und Sozialwissenschaften, enger als derzeit zusammengearbeitet werden. •Kooperative Promotionen: Wir wollen die Möglichkeit kooperativer Promotionen zwischen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften schaffen. •Wir stehen zum Modell der Studienbeitrage: Diese dürfen allerdings nur für bessere Lehrbedingungen verwendet werden und nicht zur Kürzung staatlicher Mittel führen. Außerdem muss durch mehr Stipendien und zinsgünstige Darlehen sichergestellt werden, dass junge Menschen aus einkommensschwachen Familien studieren können. Die Verwaltungsgebühr an Hochschulen ist zu Beginn der Legislaturperiode auf Betreiben der FDP abgeschafft worden. •Vergleichbarkeit von Abschlüssen: Um Nachwuchsakademikern aus Deutschland bessere Chancen im Ausland zu eröffnen und Deutschland attraktiv für ausländische Fachkräfte zu machen, machen international vergleichbare Abschlüsse nach wie vor Sinn. Die Umsetzung des „Bologna-Prozesses“ an den Hochschulen ist jedoch noch nicht befriedigend. Unverzichtbar sind insbesondere mehr Flexibilität bei den Studieninhalten und bei den Regelstudienzeiten (6, 7 oder 8 Semester bis zum Bachelor, 2, 3 oder 4 Semester bis zum Master) unter Anpassung der Bezugsdauer von Bafög, Schaffung von Freiräumen, um Studierenden eine individuelle Schwerpunktsetzung zu ermöglichen (Kerncurricula, wahlfreie Module), Korrektur der Prüfungsdichte sowie Fairness bei der Anerkennung im Ausland erworbener Module. Forschung und Technologie Forschung und Technologie sind unerlässliche Grundlagen für die Gestaltung der Zukunft der Gesellschaft und der Wirtschaft. Dies gilt für Deutschland und Bayern in besonderem Maße, weil Formatiert: Nummerierung und Aufzählungszeichen 4 61. Ordentlicher Landesparteitag 25./26.09.2010 in Kulmbach Beschluss zum Antrag L1 wir als Hochlohnland bei wenigen eigenen Rohstoffen nur mit der Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen im globalen Wettbewerb Schritt halten können. Schwerpunktthemen für die aktuelle Forschung sehen wir beispielsweise in den Bereichen Biotechnologie, Mikroelektronik, IuK, Faserverbundstoffe, Energieeffizienz, Energiespeicherung, Photonik und Nanotechnologie. Auch gehört dazu die Grüne Gentechnik, deren Potentiale und Risiken auch durch Freilandversuche noch besser erforscht werden müssen, mit dem Ziel, die Koexistenz mit anderen Anbauformen in der Landwirtschaft zu gewährleisten. Die FDP unterstützt die Bestrebungen, Entscheidungen dazu stärker auf die Landesregierungen zu übertragen, damit unter Berücksichtigung der regionalen Situation die berechtigten Anliegen der konventionellen Landwirtschaft und der Landwirte, die kein gentechnisch verändertes Saatgut und Pflanzen verwenden wollen, in Ausgleich gebracht werden. Innovativ sind keineswegs nur Großunternehmen. Gerade mittelständische Unternehmen, durchaus auch solche mit Sitz im ländlichen Raum, haben sich als „hidden champions“ mit innovativen Produkten und Dienstleistungen herausragende Positionen auf dem Weltmarkt erworben, bis hin zur Weltmarktführerschaft. Ebenso spielen in der Innovation junge Unternehmen eine bedeutende Rolle, da sie oftmals unbelastet von schwerfälligen Strukturen neue Ideen aufgreifen und umsetzen können. Mit dem „Haus der Forschung“ haben die FDP-Staatsminister Martin Zeil und Wolfgang Heubisch eine zentrale Förderberatungsstelle für kleine und mittlere Unternehmen sowie für Fachhochschulen und Universitäten konzipiert, sondern mit der Einführung der Innovationsgutscheine Bayern gerade für kleine und mittlere Unternehmen, insb. auch des Handwerks, eine unbürokratische und flexible Förderung von Innovationen ermöglicht. Erfolgreiche Forschung und Entwicklung hängen entscheidend davon ab, ob es gelingt, aus dem eigenen Nachwuchs und auch aus aller Welt die „besten Talente“ zu gewinnen, sowohl unter den Lernenden wie unter den Lehrenden. Die aus unserer Sicht wichtigsten Kernelemente innovativer Forschungs- und Technologiepolitik: •Optimierung der Rahmenbedingungen für Forschung und Technologie, insbesondere durch effiziente Nutzung und Verstärkung staatlicher Förderungsbudgets, durch bessere steuerliche Berücksichtigung von F&E-Aufwendungen vor allem für kleine und mittlere Unternehmen und Anreize für die Beteiligungs- und Wagniskapitalfinanzierung von Technologieunternehmen sowie eine noch schlagkräftigere Unterstützung innovativer ausländischer Unternehmen zur Ansiedlung in Bayern. Priorität vor finanziellen Förderungen hat für die FDP aber weiterhin der Abbau von bürokratischen Hemmnissen gerade für kleine Unternehmen. •Ermöglichung einer international konkurrenzfähigen Bezahlung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Dadurch sollen ausländische Wissenschaftskräfte „angelockt“ und deutsche aus dem Ausland zurückgeholt sowie der Abwanderung hier ausgebildeter Fachkräfte entgegengewirkt werden. •Bessere Ansiedlungsbedingungen für Forschungseinrichtungen außerhalb der Metropolregionen München und Nürnberg, gerade auch durch eine hochleistungsfähigere Kommunikationsstruktur •Unterstützung und Förderung der Kooperation zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen (Überwindung der „Versäulung der Wissenschaft“). •Verbesserung der Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft durch aktive und effiziente Forschungs- und Entwicklungskooperationen mit Wirtschaftsunternehmen, um so den Technologietransfer zu verstärken und zu beschleunigen. Dazu gehört auch die Unterstützung des Ausbaus der Wissenschafts- und Technologietransferzentren im ländlichen Raum. •Mit dem Ziel der Erleichterung der Umsetzung der Forschungsergebnisse in marktfähige Produkte wollen wir die Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft durch einen paritätisch mit Wissenschafts- und Wirtschaftsvertretern besetzten Bayerischen Forschungs- und Technologierat verbessern. 5 61. Ordentlicher Landesparteitag 25./26.09.2010 in Kulmbach Beschluss zum Antrag L1 Kunst und Kultur Für uns Liberale sind Kunst und Kultur ein unverzichtbarer Baustein unserer offenen Gesellschaft. Auch die Lebensqualität einer Region hängt in hohem Maße von ihrem kulturellen Angebot ab. Deshalb darf nicht weiter, wie derzeit häufig, die Öffentliche Hand bei Haushaltsengpässen als erstes an der finanziellen Kulturförderung sparen. Im Sinne einer innovativen Kunst- und Kulturpolitik wollen wir die Kunstförderung künftig auf drei deutlich unterscheidbare Säulen stellen: •Auch zahlreiche weitere kulturelle Initiativen in Bayern verdienen gezielte Unterstützung, denn mit geringen staatlichen Geldern werden viele häufig junge Menschen für künstlerisches und kulturelles Schaffen und Engagement motiviert. Beispielhaft soll das Festival junger Künstler in Bayreuth genannt werden. Die Multiplikatorenwirkung kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Dem dienen: •Projektförderung: im Sinne der Fairness und der Transparenz fordern wir hier gegenüber dem derzeitigen System folgende Veränderungen: vierjähriger Wechsel in der Besetzung der Vergabejurys, deren paritätische Zusammensetzung mit Vertretern der vergebenden Behörde, externen Experten und Laien, schriftliche Begründung und – soweit der Antragsteller zustimmt - Veröffentlichung aller Vergabeentscheidungen, Begrenzung der öffentlichen Förderung eines Projektes auf maximal 75 % seiner Gesamtkosten. •Breitenförderung: Aktivierung privaten Engagements für Kulturinitiativen über eine erleichterte steuerliche Anerkennung von Spenden in diesem Bereich (ohne Notwendigkeit der Gründung eines eigenen gemeinnützigen Vereins). Als „Clearing-Stelle“ zur Durchleitung der Mittel soll stattdessen ein „Bayern-Kultur e.V.“ dienen. Die Auszahlung der eingeworbenen Mittel erfolgt nach Nachweis der sachgerechten Verwendung für das Projekt, wodurch Missbrauch verhindert wird. Institutionelle Förderung: diese soll in Höhe und Ausgestaltung unberührt bleiben, da Institutionen wie die Münchner Pinakotheken, das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg und die Bayreuther Festspiele in ihrer Bedeutung „Flaggschiffe“ von weltweitem Rang sind. Ein zentraler Baustein zum Erhalt des bayerischen Kulturguts ist der Denkmalschutz. Die bayerische FDP sieht hier einen großen Forschungs- und Wissenschaftsbereich mit innovativen Technologien und Methoden, die es weiter zu erforschen und auszubauen gilt. Ziel ist der Erhalt möglichst viel unserer historischen Bausubstanz für die Nachwelt. Andererseits darf Denkmalschutz nicht als Alibi für eine unverhältnismäßige Verzögerung neuer Bauvorhaben dienen. Deshalb müssen Genehmigungsprozesse verkürzt und vereinfacht werden. Wirtschaft und Infrastruktur Bayerns Wirtschaft in ihrer Vielfältigkeit ist sehr erfolgreich durch die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise gekommen. Hierzu haben risikobereite Unternehmer und engagierte Arbeitnehmer ebenso beigetragen wie eine aktive, an klaren ordnungspolitischen Prinzipien ausgerichtete Wirtschaftspolitik. Die bayerische FDP hält an ihrer klaren Linie fest, dass es nicht Aufgabe des Staates als Treuhänder der Steuerzahler ist, die Marktgesetze außer Kraft zu setzen und nicht mehr zukunftsfähige Geschäftsmodelle oder Strukturen aufrechtzuerhalten. Dort, wo in der Krise staatliche Beteiligungen erfolgt sind, muss jetzt der Ausstieg des Staates vorbereitet werden. Nach der Krise gilt es, die Ausgaben auf Investitionen in Zukunftstechnologien und Infrastruktur sowie auf eine den Landsteilen mit Wettbewerbsnachteilen Rechnung tragender Wirtschaftsförderung zu konzentrieren. Hierzu werden wir bei Beteiligungen des Freistaates, die der Wirtschaftsförderung dienen (z.B. Lfa – Förderbank Bayern, Bayerische Beteiligungsgesellschaft, Bayern Innovativ, Bayern International, Bayern Kapital) durch effiziente Weiterentwicklung der strategischen und 6 61. Ordentlicher Landesparteitag 25./26.09.2010 in Kulmbach Beschluss zum Antrag L1 operativen Zusammenarbeit brachliegende Synergien heben und dadurch eine höhere Schlagkraft in der Wirtschaftsförderung des Mittelstandes ermöglichen. Wichtige Elemente unserer innovativen Wirtschafts- und Infrastrukurpolitik sind: •Gewinnbringende Strukturveränderungen werden vor allem von innovativen Mittelständlern und Jungen Unternehmern (Start-Ups) geleistet. Deshalb wollen wir das Förderprogramm TOU (Technologieorientierte Unternehmensgründungen) aufstocken. •Für die Bereitschaft zu unternehmerischem Handeln („Entrepreneurship“) muss neben der fachlichen Ausbildung auch an den Hochschulen geworben werden und eine entsprechende Beratung erfolgen. Insbesondere solche Absolventen, die sich mit ihrer Erfindung / Entwicklung selbständig machen, wollen wir gezielt finanziell unterstützen (Fonds für so genannte „early stage“ – Finanzierungen). •Für die Bürger und die Wirtschaft sind optimale Kommunikationsbedingungen unverzichtbar und ein entscheidender Standortfaktor. Dies gilt insbesondere auch für den ländlichen Raum. Deshalb werden wir mit dem erfolgreichen Förderprogramm der Staatsregierung und der sog. „Digitalen Dividende“ die flächendeckende Breitbandversorgung auf der Grundlage eines breiten Technologiemix bis Ende 2011 sicherstellen. Durch eine investitionsfreundliche Regulierung auf Bundes- und EU-Ebene wollen wir jetzt die Weichen dafür stellen, dass die schnellen Datenautobahnen der 2.Generation sich so schnell wie möglich daran anschließen. Mittel- bis langfristig streben wir ein hochleistungsfähiges Breitbandnetz mit bis zu 100 MBit/s. Anschlussgeschwindigkeit auch im ländlichen Raum an •Das wirtschaftliche Wachstumspotenzial darf nicht, wie in einzelnen Branchen schon jetzt zu beobachten, durch Fachkräftemangel bedroht werden. Aus Sicht der bayerischen FDP sind neben Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen folgende Schritte erforderlich: -Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Menschen -Gewinnung von qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland durch Senkung der Einkommensschwellen auf € 40.000,-- sowie die Einführung eines Punktesystems für die Zuwanderung nach den Kriterien Qualifikation, Berufserfahrung, Sprach- und Integrationsfähigkeit. Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen muss deutlich vereinfacht werden. •Zur Sicherung des Wohn-, Wirtschafts- und Tourismusstandortes Bayern sind weitere Investitionen in die bayerische Infrastruktur (Straßen, Schiene, Luftverkehr) unabdingbar. Der Bund bleibt aufgefordert, den Bundesverkehrswegeplan und das Planungskostenbudget für den Schienenverkehr finanziell so auszustatten, dass die vordringlichen Projekte in Bayern zügig realisiert werden können. In der Bevölkerungsentwicklung in Bayern sehen wir auch eine Chance für Innovation: Die Infrastruktur im ländlichen Raum muss an die Bevölkerungsentwicklung barrierefrei und altengerecht angepasst werden. Siedlungs – und Versorgungsschwerpunkte sind mit den Knotenpunkten zu verbinden, um eine Anbindung der ländlichen Räume sicherzustellen und der Abwanderung entgegenzuwirken. Energie und Umwelt Eine sichere und umweltschonende Versorgung mit bezahlbarer Energie ist für die privaten Verbraucher und für wirtschaftliches Wachstum entscheidend. Unverzichtbar ist hierfuer u.a. ein funktionierender Wettbewerb auf dem Strom- und Gasmarkt. Auch Klimawandel und Ressourcenverknappung rücken Erzeugung, Verteilung und rationelle Nutzung von Energie als Forschungs- und Technologiefeld in den Vordergrund. Auf diesem Gebiet sehen wir ebenfalls derzeit unausgeschöpftes Potenzial für Innovation. Die aus unserer Sicht wichtigsten Kernelemente innovativer Energie- und Umweltpolitik: 7 61. Ordentlicher Landesparteitag 25./26.09.2010 in Kulmbach Beschluss zum Antrag L1 •Weitere Stärkung der Forschung auf dem Gebiet regenerativer Energien und der Speicherbarkeit von Energie. Dies soll technologieoffen geschehen, d.h. die gesamte Bandbreite (Biomasse, Wasserkraft, Sonnenenergie, Windkraft und Geothermie) muss unter kritischer Analyse ihrer Chancen, des Wirkungsgrades und der Kosten in Betracht genommen werden. Ein Teil der Zusatzgewinne aus der von der FDP befürworteten moderaten Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke soll gezielt für die Forschung auf dem Gebiet der regenativen Energien eingesetzt werden. Atomkraft ist für die FDP eine Überbrückungstechnologie. Daran haben sich energiepolitische Entscheidungen zu orientieren. •Erstellung regionaler Energienutzungspläne zur zielgerichteten und optimalen Ausnutzung regenerativer Energien. •Entwicklung intelligenter Stromnetze („smart grids“). Der Dreiklang aus Grundversorgung durch Großkraftwerke, kleine Stromerzeuger und die in geringem Umfang durch Abnahmezwang planbare Einspeisung von Strom aus Sonnen- und Windenergien kann nur durch ein effizientes Energiemanagement beherrschbar gemacht werden. „Intelligent“ bedeutet, dass die Stromnetze zugleich erfassen, analysieren, steuern, speichern und transportieren können. •Gebäudesanierung im Bestand spielt eine wichtige Rolle bei der CO2 Vermeidung. Denn sie ist der volkswirtschaftlich kostengünstigste Weg dazu. Da Energieeffizienz und sparsame Verwendung im wohlverstandenen Interesse der Verbraucher liegen, müssen die Rahmenbedingungen für die energetische Sanierung von Gebäuden verbessert und die Fördermöglichkeiten wettbewerbsverträglicher und effizienter gestaltet werden. Deshalb sind die Hürden im Mietrecht für eine energetische Sanierung und die bestehenden Möglichkeiten der gewerblichen Wärmelieferung (Energie-Contracting) im Wohnungsbereich zu erweitern. •Mobilität: Neben alternativen Treibstoffen (Bioerdgas, Wasserstoff, Biomethan, Biosprit) soll gezielt die Elektromobilität weiterentwickelt werden. Vorrangige Forschungsnotwendigkeit sehen wir hier beispielsweise auf den Gebieten der Batterietechnologien, der elektrischen Antriebe, der elektronischen Regelungs- und Steuersysteme, des softwaregestützten Energiemanagements, der fahrzeuginternen Datenkommunikation sowie der Logistik und Infrastruktur für die Stromversorgung. •Abfall kann ein wertvoller Rohstoff sein. Deshalb muss, wo dies ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist, Verwertung Vorrang vor der Beseitigung haben. Dabei soll Abfall in erster Linie wieder stofflich verwertet und erst in zweiter Linie energetisch genutzt werden. Durch moderne Verfahren bei der Mess-, Regelungs-, und Steuertechnik sind enorme Einsparungen an Ressourcen möglich. Der Landesvorstand wird beauftragt, aus dem Leitantrag eine Kurzfassung zu erstellen, welche die wichtigsten konkreten und tatsächlich neuen Forderungen zusammenfasst. Diese Kurzfassung soll allen Gliederungsverbänden für die weitere Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung gestellt werden.