Chancen eröffnen - Gründer voranbringen - Mehr Eigenkapital verfügbar machen

Beschlossen vom Landesvorstand am 10.12.2016 Die Bundesrepublik Deutschland besitzt eine der geringsten Quoten von Selbständigen und Gründerquoten aller OECD Länder. In bald 70 Jahren nach der Währungsreform haben Gesetze und Regelungen einen Arbeitnehmerstaat geformt, in dem Eigeninitiative oft bestraft, Unternehmer oft unberechtigt in Misskredit gebracht, und dauerhaft Erfolg versprechende Unternehmensgründungen auch finanziell von immer weniger Menschen geschultert werden können. Kapital wird vererbt, gestiftet oder gespendet, aber viel zu selten in junge Unternehmen reinvestiert. Kapitalzugang ist schwierig, und jenseits von kleineren Summen und einer persönlichen Haftung nur wenigen zugänglich, zumal seit den Gesetzten zur Kapitalmarktregulierung die in Deutschland klassischen Fremdkapitalfinanzierungen durch Hausbanken de-facto unmöglich wurden. Während aber vor allem in angelsächsischen Ländern an die Stelle dieser für Deutschland klassischen Finanzierungsformen ein großer Markt an Risikokapitalgebern entstanden ist, ist dieser Markt in Deutschland und Kontinentaleuropa um Dimensionen kleiner: Silicon Valley alleine vergibt pro Jahr mehr Risikokapital als ganz Europa. Unternehmen sind entscheidende Innovationstreiber, der Mittelstand von morgen und die Basis für zukünftige wirtschaftliche Erfolge. Erfolgreiche Unternehmer sind Vorbilder für weitere Unternehmer. Ohne neue Unternehmen vergreist aber nicht nur unsere Wirtschaft, sondern wird tendenziell immer weniger Geld für Bildung, Infrastruktur und Sozialtransfers verfügbar sein. Die Gesellschaft wird so auch anfälliger für Populisten und Bauernfänger, in der Spitze riskieren wir Freiheit und Demokratie. Das wollen wir nicht. Neue Unternehmen bilden den Wohlstand der Zukunft. Wir wollen potentiellen Gründern den Start erleichtern und Gründungshemmnisse abbauen. Wir wollen die damit verbundenen Chancen greifbar machen und auch so ein positives Gründungsklima erzeugen helfen. Und wir wollen die Aktionärsstruktur in Deutschland stärken, deren schwache Ausprägung wir für einen Teil der Erklärung der zurückgehenden Gründerzahlen halten. Es braucht dafür eine Vielzahl von Änderungen im Gewerbe-, Arbeits-, Steuer- und Handelsrecht, eine Vielzahl von Änderungen in der Verwaltung. Die Liste der hier gelisteten Forderungen erhebt daher auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, reißt aber die Dimension des Problems und seine Vielschichtigkeit umfassend an.   Die FDP Bayern setzt sich für ein umfassendes Gesetzespaket ein, das die Verfügbarkeit von Eigenkapitalmitteln deutlich erhöht, die Chancen für erfolgreiche Gründungen deutlich verbessert und daher mindestens folgende Punkte beinhaltet bzw. regeln soll:
  • Die steuerliche Absetzbarkeit von Investitionen für in Kapitalanteile durch private und/oder institutionelle Anleger bis zur Höhe von EUR 10.000.000 in Unternehmen, wenn sie jünger als 5 Jahre sind und in die Definition der SMB/KMU der EU fallen (z.B. durch eine 5jährige lineare Abschreibung), sowie auch von höheren Beträgen bei Investitionen in geschlossene Risikokapitalfonds
    • unter der Bedingung einer echten Risikokapitalinvestition und dem Ausschluss von steuerlicher Förderung von Finanzkonstrukten und bei Einhaltung einer Mindestinvestmentperiode
    • belegbar durch beglaubigtes Beteiligungsdokument und den Beleg der Einzahlung
    • frei verteilbar vom Jahr der Beteiligung an auf maximal 5 Jahre
und unbegrenzt für offene Risikokapitalfonds, allerdings unter der Maßgabe der Ertragswirksamkeit von Einzelinvestments – also keine sofortige Abschreibung, sondern Abschreibung oder Versteuerung entsprechend dem Jahresergebnis des betreffenden Fonds
  • Eine steuerrechtliche Gleichbehandlung von Eigenkapital und Fremdkapital. Die Bevorzugung des Fremdkapitals führt dazu, dass Kapitalgeber eher Anleihen nachfragen oder Kredite vergeben und weniger Eigenkapital investieren - das schadet vor allem innovativen Unternehmensgründern, weil sie auf Eigenkapitalfinanzierungen angewiesen sind. Fremdkapital wird steuerlich bevorzugt, weil Zinsen von der steuerlichen Bemessungs-grundlage abgezogen werden dürfen, Eigenkapitalkosten hingegen nicht.
  • Die Vereinheitlichung des gesetzlichen Rahmens für Risikokapitalgeber innerhalb der EU. Investitionen kennen keine Grenzen. Firmenkäufe und Verkäufe von Startups über Grenzen hinweg sind aber noch immer stark durch nationale Regelungen behindert. Und schon heute bestimmt die EU über weit mehr als die Hälfte aller Regelungen im Kapitalmarkt. Der fehlende gemeinsame Rahmen schmälert den Verkaufserlös für Firmenanteile innerhalb und außerhalb der EU enorm, verhindert oft den gesamten Deal. oder: volle Steuerfreiheit
  • Deutliche Reduzierung von Investitionsbeschränkungen für institutionelle Anleger. Institutionelle Anleger wie Pensionsfonds und Versicherungen verwalten hunderte Milliarden Euro für ihre Kunden. Sie unterliegen deshalb Investitionsbeschränkungen und dürfen nicht oder nur sehr eingeschränkt in Gründungen investieren. Dadurch entgehen den Kunden Rendite- und der Volkswirtschaft Wachstumschancen.
  • Die Vereinfachung von steuerlich geförderten Wertpapieremissionen für höhere Risikoklassen. Jährlich wandern zwischen 50 und 100 Milliarden Euro aus privaten Unternehmen in Stiftungen und weit höhere Beträge werden von Lebensversicherungen und Pensionsfonds in Wertpapieren angelegt. Dabei werden höhere Risiken steuerlich Das muss unter Beachtung von notwendiger Transparenz bezüglich der damit einhergehenden Risiken zugunsten von Risikokapital geändert werden.
  • Wiedereinführung eines eigenen Aktiensegments für junge Unternehmen Ein solches Segment würde die Akquisition von Risikokapital erleichtern und Investoren die Möglichkeit geben, Anteile leichter zu handeln. Das fördert die Bildung von Venture-Capital.
  • Crowdsourcing in viel stärkerem Umfang als heute ermöglichen und Kapitalanlegerschutzgesetze optimieren. Fehlgeleiteter Anlegerschutz macht die Finanzierung von Unternehmen oder Projekten unmöglich oder zumindest aufwändig und teuer. Überzogener Verbraucherschutz darf nicht zu Behinderung von Investitionen führen!
  • Keine Beschränkung des Verlustvortrags. Unternehmen dürfen von ihren Verlusten aktuell maximal eine Million pro Jahr unbeschränkt abziehen. Alle Verluste, die über diesen Betrag hinausgehen, dürfen nur zu 60 Prozent abgezogen werden. Diese Regelung führt zu einer Mindestbesteuerung kapitalintensiver Unternehmensgründungen, die der Gründung von High-Tech-Unternehmen im Wege steht.
  • Kein Untergang der Verlustvorträge beim Eigentümerwechsel. Wenn ein Venture-Capital-Investor ein Unternehmen, das er finanziert hat und an dem er mit mehr als 25% beteiligt ist, an die Börse bringt oder an einen anderen Investor verkauft, verliert das Unternehmen seine Verlustvorträge anteilig. Bei einem Anteilseignerwechsel von mehr als 50% gehen die Verlustvorträge unter. Das verhindert ausreichend hohe Venture-Capital-Investitionen. Die auf Bundesebene im Jahr 2016 getroffene Neuregelung reicht hier nicht aus.
  • Die für jedes Unternehmen wahlweise Einführung der Buchführung nach dem international standardisierten IFRS Regelwerk. Viele, gerade mittelständische Unternehmen bilanzieren noch heute nach den Regeln des Handelsgesetzbuches. Dies ist steuerrechtlich sogar noch immer zwingend erforderlich, was aber gerade bei internationalen M&A Aktivitäten oft zu Missverständnissen und zum Teil hohen Folgekosten führen kann, zum Teil lehnen internationale Investoren die HGB Buchführung sogar vollständig ab. Das bisherige Regelwerk wird damit auch innerhalb Europas zu einer selbst induzierten Barriere. Dies kann ein international vernetztes Land wie Deutschland sich auf Dauer nicht erlauben. Wir fordern daher die Entbindung von der HGB Bilanzierungspflicht und die wahlweise Bilanzierung nach IFRS für alle Unternehmen, die dies wünschen.
  • Die Bilanzierbarkeit von Investitionen in eigene Intellectual Property. Geistiges Eigentum oder auch selbst entwickelte Software sind bis heute nicht bilanzierbar. Das muss geändert werden. Europa und insbesondere auch Deutschland ist z.B. im Bereich Software und Biotechnologie ins Hintertreffen gegenüber Ländern wie den USA, Indien, China geraten. Dieser Rückstand muss aufgeholt werden können.
  • Steuerliche Förderung für die Schaffung geistigen Eigentums, sowie Vergünstigungen für Erlöse aus dem Verkauf geistigen Eigentums, Schutzrechten und Patenten, sofern sie in der EU (wahlweise Deutschland) entwickelt wurden, auch bei Verkäufen ins nicht-EU-Ausland.
  • Flexibilisierung der Vermögensbildung/Altersvorsorge Vereinfachung und Erweiterung des Konzepts der Vermögensbildung für alle durch die Abschaffung der überregulierten Riester- und Rürup-Anlageformen und deren Ersatz durch einen Katalog zertifizierter, , steuerlich begünstigter Anlage-Optionen auch in risikobehaftete Anlagen wie Aktien, Investmentfonds, oder geschlossenen Risikokapitalfonds: bis zu 20% des Bruttoeinkommens zzgl. Sonderleistungen sollen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie Selbständige steuerlich absetzbar sein Nicht nur die klassische, mündelsichere Altersversorgung, sondern auch der Aufbau von Kapitalvermögen muss steuerlich gefördert werden. Die Aufteilung des Risikos sollte in allen Fällen dem Beitragszahler überlassen bleiben.
  • Pfändungssichere Altersvorsorge Vermögen, dass der Einkommensvorsorge für das Alter dient, muss in realistischem Umfang pfändungssicher sein, d.h. der heute geschützte Betrag deutlich angehoben werden.
  • Schaffung bzw. Förderung von Start-Up-Kontos Gründer brauchen zuverlässige Bankverbindungen um den Zugang zu Finanzdienstleistungen sicherzustellen und die Liquidität des Unternehmensgründers unbürokratisch zu verbessern. Das beinhaltet z.B.:
    • zeitlich begrenzte Unkündbarkeit des privaten Girokontos für jeden Unternehmensgründer, der mehr als 25 Prozent der Anteile seines Unternehmens hält.
    • Keine Reduzierung eingeräumter (privater) Dispokredite in den ersten 3 Jahren nach der Gründung
  • Flexible Arbeitsverhältnisse sind zu fördern und nicht zu bekämpfen. Notwendige und wünschenswerte soziale Absicherung soll nicht über immer schärfe Kriterien für „Scheinselbständigkeit" erreicht werden sondern über z. B. verpflichtende Nachweise einer Altersvorsorge.
  • Revision des Umsetzungsgesetzes der Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Bei der Vergabe von Krediten zum Erwerb von Wohneigentum muss es Banken wieder erlaubt sein, die Vergabe ausschließlich vom Wert der Immobilie abhängig zu machen. Momentan bekommen insbesondere Gründer nur schwer einen Immobilienkredit, weil Banken gezwungen sind, auch das Einkommen und dessen prognostizierte Entwicklung in die Vergabeentscheidung mit einzubeziehen. Das ist nicht zielführend.
  • Gesetzliche Flexibilisierung von Steuernachzahlungen und -vorauszahlungen in allen Steuerkategorien, sofern das Unternehmen jünger als 5 Jahre ist und die Bilanzsumme 1000% der Steuerforderung nicht überschreitet, oder aber mehr als 10% des Cash-Flows beträgt. Zwar sind viele Finanzverwaltungen hier durchaus kooperativ, jedoch hängen entsprechende Vereinbarungen stark vom Steuerprüfer bzw. des Finanzbeamten ab.
  • Gesetzliche Verankerung von Liquiditätsbeihilfen für drittstaatlich verursachte Umsatzausfälle, sofern eine Mitverursachung durch Deutschland oder die EU nicht ausgeschlossen werden kann (z.B. durch Russlandsanktionen ausgelöste Gegensanktionen), das Unternehmen jünger als 5 Jahre ist und der nachgewiesene Umsatzausfall 30% des Umsatzes der letzten 12 Monate übersteigt.
  • Aufhebung bzw. Reduzierung von Investitionsbeschränkungen
    • für private Investoren bei staatlichen Förderprogrammen
    • für staatliche Förderprogramme im Hinblick auf bereits bestehende staatliche Beteiligungen bei Bilanzsummen unterhalb von 50.000.000 Euro, solange die Konformität zum EU Recht dabei nicht berührt wird
  • Einführung von Wahlpflichtveranstaltungen bzw. Ausdehnung des Curriculums auf Unternehmensgründung und -führung
    • je nach Studienfach an den weiterführenden Schulen und Hochschulen, zum Beispiel auch durch Einführung von weiteren Optionen wie Auslandspraktika in Unternehmen, unabhängig vom Studienfach
    • Wirtschaftslehre ab der 8. Schulklasse mit mindestens zwei Wochenstunden in allen Schulformen
  • Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Gründung universitärer Spin-Offs
  • Einführung von Anreizsystemen oder erfolgsabhängiger Komponenten für die Institutsfinanzierung wie z.B. durch Prämien für Patentanmeldungen oder Unternehmensgründungen
  • Schaffung von besseren Rahmenbedingungen und Anreizen zur Schaffung von universitätseigenen Förderinstrumenten und Gründungsfonds B. aus Drittmitteln und/oder Spenden
  • Die Vereinfachung von Gewerbeanmeldungen bei Kommunen und von Personengesellschaften bei den zuständigen Finanzämtern.