Auswirkungen der Bundeswehrreform auf Bayern

FDP Landesgruppe Bayern und FDP Landtagsfraktion 1 Bayern

Joachim Spatz, MdB und Rainer Erdel, MdB

Mitglieder des Verteidigungsausschusses)

Tobias Thalhammer, MdL (Wehrpolitischer Sprecher)

Verabschiedetes Positionspapier , Januar 2011

Auswirkungen der Bundeswehrreform auf Bayern:

Risiken erkennen, Chancen nutzen

Die FDP Landesgruppe Bayern und die FDP Fraktion im Bayerischen Landtag begrüßen eine breit angelegte Reform der Bundeswehr und vor allem, dass das Bundesverteidigungsministerium die langjährige liberale Forderung nach dem Aussetzen der Wehrpflicht übernommen hat. Die Organisationstrukturen müssen effizienter und unbürokratischer werden. Die Bundeswehr braucht aber auch politische Verlässlichkeit. Die sprunghaften „Reförmchen“ der letzten Jahre ließen Nutzen und Weitblick vermissen.

Verbundenheit mit unseren Soldatinnen und Soldaten

Die FDP steht uneingeschränkt zur Bundeswehr und ihren Soldatinnen und Soldaten. Sie hat sich in der Zeit des Kalten Krieges bei der Friedenssicherung und nunmehr international in Auslandseinsätzen bewährt. Die Leistungen und Verdienste unserer Soldaten verdienen größte Hochachtung und unseren Dank. Die Herausforderungen denen die Bundeswehr gegenübersteht und die Wichtigkeit der äußeren Sicherheit für unsere freiheitliche Gesellschaftsordnung erlauben nicht, die Bundeswehr und ihre wichtige Verteidigungsaufgabe weiterhin als politisches Randthema zu behandeln und ihr mit Gleichgültigkeit zu begegnen. Stattdessen ist es erforderlich, dass verteidigungspolitische Fragestellungen ebenso wie die Lage der Bundeswehr und die Bedürfnisse der Soldaten verstärkt in den Fokus gesellschaftlicher Erörterung und politischer Entscheidung rücken.

Bayerns Bundeswehrstandorte vor allem im ländlichen Raum erhalten

Die bayerische FDP setzt sich für den Erhalt von Standorten und Dienststellen der Bundeswehr in Bayern ein. Die Bundeswehr ist in der bayerischen Bevölkerung fest verankert und höchst willkommen, gerade im ländlichen Raum. Gleichwohl ist zu befürchten, dass die begonnene drastische Reduzierung der Bundeswehr Bayern nicht verschonen wird. Die FDP wirbt für ein sensibles Vorgehen bei den Standorten. Die Bayerische Staatsregierung muss im Zusammenhang mit dem neuen Stationierungskonzept zum frühest möglichen Zeitpunkt vom Bundesminister der Verteidigung eingebunden werden. Für den Freistaat Bayern muss mindestens ein 2-Sterne-Kommando erhalten bleiben. Aus militärischer Sicht gibt es verschieden geeignete Standorte, jedoch bezieht sich Standortpolitik generell auch auf die umliegende Region. Die Bundeswehr hört nicht beim Kasernentor auf. Neben der Fortführung der Städtebauförderung und den Chancen des Regionalmanagements ist daher von größter Bedeutung, dass vor allem jene Bundeswehrstandorte erhalten bleiben, die für die örtliche Wirtschaft und Gemeinschaft von herausragender Bedeutung sind. Wirtschaftlich starke Orte und Metropolregionen können einen Weggang der Bundeswehr leichter verkraften, als strukturell benachteiligte und wirtschaftsschwache Orte. Frei werdende Arbeitskräfte können dort vom lokalen Arbeitsmarkt besser aufgenommen werden. Während die Nachnutzung von Bundeswehrliegenschaften in Boomregionen wie München oft Chancen bietet und manchmal gar dringend benötigte Flächen verschafft, ist die Suche nach Nutzungsmöglichkeiten in wirtschaftliche schwachen Regionen schwierig. Es ist daher von außerordentlicher Wichtigkeit, Schließungen in strukturschwachen Regionen zu vermeiden. Ferner sprechen gerade angesichts der erforderlichen Sparbemühungen im Bund die niedrigeren Kosten für die Bundeswehr im ländlichen Raum – von den Grundstücks- und Baupreisen bis zur Verpflegungsbeschaffung – für die Fokussierung auf Standorte außerhalb der Ballungsräume. Auch sind die niedrigen Lebenshaltungskosten reizvoll für die Soldatinnen und Soldaten, was zu einer gesteigerten Attraktivität des Arbeitgebers Bundeswehr führen kann. Die Gliederung der Bundeswehr ist nach militärischen Gesichtspunkten vorzunehmen. Dennoch wäre es aus bayerischer Sicht begrüßenswert, wenn die Führung der in Bayern stationierten Truppenteile des Heeres (Amberg, Bad Reichenhall und nachgelagerte Dienststellen) nach Bayern zurückkehren würde. Als bayerischer Standort bietet sich hierfür der Bereich Regensburg geographisch und strukturell an. Das bestehende Bundeswehrdienstleistungszentrum der Grenzland-Kaserne Oberviechtach könnte hierfür bspw. entsprechend erweitert werden.

Bildungseinrichtungen der Bundeswehr in Bayern bewahren

Unsere Soldatinnen und Soldaten sollen die besten Bildungschancen gewährt werden, was auch für das zivile Leben essentiell ist. Wir sprechen uns daher für den ungeschmälerten Erhalt aller Bildungseinrichtungen der Bundeswehr in Bayern aus, wie der Bundeswehruniversität München, der Technischen Schule in Kaufbeuren, der Führungsunterstützungsschule Feldafing/Pöcking, oder der Bundeswehrfachschule Würzburg/Veitshöchheim. Um den Wissensfluss anzuregen, ist jedoch auch verstärkt darauf einzugehen, dass auch externes Fachwissen in der Bundeswehr aufgenommen werden kann. Trotz der geplanten Truppeneinsparungen ist darauf zu achten, dass die Bundeswehr auch für Absolventen ziviler Bildungseinrichtungen interessante Berufs- und Wiedereinstiegschancen bietet.

Flächendeckende Beratungsbüros zur Nachwuchsgewinnung

Die Struktur der zivilen Wehrverwaltung muss sich den Strukturen der reformierten Bundeswehr anpassen. In Bayern als flächenmäßig größtem Bundesland müssen mindestens drei Kreiswehrersatzämter bestehen bleiben. Die Lage der verbleibenden Kreiswehrersatzämter hat sich nach dem Aufkommen der Freiwilligen zu orientieren. Die Restrukturierung der Kreiswehrersatzämter macht es außerdem notwendig, auch in der Fläche präsent zu bleiben. Hierzu sind Beratungsbüros einzurichten, die der Information und der Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr dienen sollen.

Fähigkeiten der bayerischen Reservisten nutzen und Leistungen anerkennen

Viele Bürgerinnen und Bürger bringen sich vielfältig in die freiwillige Reservistenarbeit ein. Der Verband der Reservisten der Bundeswehr hat zum 50. Verbandsgeburtstag das Motto „Tu‘ was für dein Land!“ ausgegeben, das diese Selbstlosigkeit bestätigt. Die große Bereitschaft der 100 Reservisten zum ehrenamtlichen Engagement würdigt die FDP-Fraktion ausdrücklich. Bei den Reservisten der Bundeswehr ist ein enormes Reservoir an Wissen und Befähigung vorhanden, das noch besser gesellschaftlich eingesetzt werden sllte. Reservisten sind nicht nur für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr, sondern auch für die Not- und Katastrophenhilfe in Bayern von unschätzbarem Wert. Es besteht kein Grund, dass die Reserve nicht in militärischen Gliederungen organisiert wird und so für die Hilfeleistung in Not- und Katastrophenfällen von zivilen Behörden leichter angefordert werden kann. Wir fordern daher eine grundlegende Überarbeitung und ausreichende Finanzierung des Reservistenkonzepts, das die vorhandenen Fähigkeiten nutzt und die Leistungsbereitschaft der Reservisten unterstützt und wertschätzt.

Bayerische Wehrtechnik sichern

Die wehrtechnische Industrie in Bayern ist besonders leistungsfähig und hat überregionale und internationale Bedeutung. Es ist daher erforderlich, das wehrtechnische Know-how in Bayern zu erhalten und weiterzuentwickeln. Die Entwicklungs- und Produktionsfähigkeit von Wehrtechnik muss im Lande erhalten werden. Selbiges gilt für die Arbeitsplätze. Vor diesem Hintergrund sind die bayerischen wehrtechnischen Unternehmen langfristig einzubinden und entsprechend zu unterstützen. Im Rahmen einer verantwortungsbewussten Rüstungsexportpolitik, die auch aus Sicht der Industrie dem Grundsatz der Einzelfallprüfung weiterhin folgen sollte, ist es für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wehrtechnikindustrie von hoher Bedeutung, aktive Exportunterstützung durch die Bundesregierung zu erhalten und nicht durch Pauschalkritik (z.B. Verzögerungen bei militärischen Luftfahrtprojekten) oder negative Pressemeldungen der Bundeswehr über ihre Ausrüstung an den Pranger gestellt zu werden. Dabei ist die besondere Bedeutung des nationalen Kunden Bundeswehr als Referenz zu beachten. Darüber hinaus sollte die Bundesregierung, neben der bestehenden Zusammenarbeit bei der Vermarktung deutscher Produkte im Rahmen von Messen und Ausstellungen, vor allem die regierungsinterne Abstimmungsprozesse bei Rüstungsexporten beschleunigen, den Exportmarkt durch internationale Regierungsabkommen unterstützen, die Finanzierungsbedingungen für Exportgeschäfte verbessern und die Exportgenehmigungsverfahren nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz (KWG) / Außenwirtschaftsgesetz (AWG) beschleunigen.

FDP als Brückenbauer zwischen Bundeswehr und Wirtschaft

Die Gründung des ersten von vier Beratungszentren Bundeswehr-Wirtschaft in München durch die Wehrverwaltung wird von der FDP-Fraktion als wichtiger Schritt zum weiteren Ausbau einer guten Beziehung zwischen Wirtschaft und Bundeswehr in Bayern sehr begrüßt. Wir begrüßen es sehr, dass Herr Staatsminister Martin Zeil als Wirtschaftsminister hierfür die Schirmherrschaft übernommen hat. Vor allem in der Aus- und Weiterbildung, sowie im Austausch von Fachkräften können aus einer partnerschaftlichen Bündelung der Interessen beiden Seiten Vorteile erwachsen. Um den Wissenstransfer zu unterstützen sollen zukünftig Praktika für Soldatinnen und Soldaten vorzugsweise in Unternehmen durchgeführt werden, um deren berufliche Integration zu fördern und um qualifizierte Fachkräfte an die Unternehmen heranzuführen. Deshalb kommt den Beratungszentren, die durch Kooperation der Wehrverwaltung mit Wirtschaftsorganisationen, Handels- und Handwerkskammern etc. Hilfe bieten, besondere Bedeutung zu. Mit diesen Zentren wird die bereits bestehende gute Zusammenarbeit zwischen den Wirtschaftsorganisationen und der Wehrverwaltung weiter verbessert und intensiviert. Den aus dem Dienst ausscheidenden Soldaten ist bestmöglich beim Übergang in einen Zivilberuf zu helfen. Tätigkeitssperren sollen weitest gehend aufgehoben und der Berufsförderungsdienst erweitert werden. Die im Dienst erworbenen Kenntnisse müssen besser anrechenbar sein. Hierzu zählen u.a. Sanitätsausbildung, Führerscheine, Übungsleiterausbildungen. Auch müssen Stabs- oder technische Dienste als Praktikum von Hochschulen anerkannt werden.

Umweltbewusstsein der Bundeswehr stärken

Ökologische Aspekte müssen bei der Bundeswehr mehr Aufmerksamkeit erlangen. Die Bundeswehrreform muss sich an der Richtschnur der Nachhaltigkeit orientieren. Dies betrifft nicht nur den Umgang mit gefährlichen Stoffen oder Abfällen, sondern auch die Beschaffung. Das Hinterlassen von Konversionsflächen darf nicht als gegeben hingenommen werden.

Auswirkungen der Bundeswehrreform auf Hochschulen und Sozialeinrichtungen

Im Jahr des doppelten Abiturjahrgangs 2011 stehen Bayerns Hochschulen bereits vor größten Herausforderungen. Bei den bayerischen Hochschulen bestehen